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Algen in der Dunkelheit - Überlebensstrategie entschlüsselt

Archivmeldung vom 17.03.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Laser-Scanning-Fluoreszenz-Aufnahme der marinen Diatomee Amphora coffeaeformis. Rot: autofluoreszierende Chloroplasten, grün: Lipidmembranen (gefärbt mit MDY-64). Martin Beutler, bionsys GmbH, Bremen, Deutschland
Laser-Scanning-Fluoreszenz-Aufnahme der marinen Diatomee Amphora coffeaeformis. Rot: autofluoreszierende Chloroplasten, grün: Lipidmembranen (gefärbt mit MDY-64). Martin Beutler, bionsys GmbH, Bremen, Deutschland

In den Weltmeeren wimmelt es von einzelligen Algen, die im Sonnenlicht Photosynthese betreiben. Man weiß schon länger, dass die besonders häufigen Kieselalgen (Diatomeen) auch im dunklen Meeresboden überleben können, wo weder Photosynthese noch Atmung mit Sauerstoff möglich sind. Jetzt berichten Wissenschaftler vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie im angesehenen Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences davon, wie dieses Kunststück funktioniert. Die Diatomeen atmen in der Dunkelheit mit einem Salz, dem Nitrat, anstelle von Sauerstoff.

Obwohl die Photosynthese betreibenden Winzlinge oft nur wenige Hundertstel Millimeter groß sind, kommen sie in so großer Anzahl in unseren Weltmeeren vor, dass sie für etwa 40% der marinen Primärproduktion, also dem Aufbau von Biomasse mittels Sonnenlicht und Kohlendioxid, verantwortlich sind. Oft bilden sie riesige schwimmende Algenblüten an der Meeresoberfläche oder bräunlich-grünliche Rasen auf dem Meeresboden. Diatomeen (Kieselalgen) können aber auch ohne Licht und Sauerstoff überleben, z.B. im Meeresboden. Die Wissenschaftler Anja Kamp, Dirk de Beer, Jana L. Nitsch, Gaute Lavik und Peter Stief vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen haben verschiedene Diatomeen-Arten im Labor kultiviert, um zu erforschen, welche Stoffwechselwege den kleinen Algen das Überleben in der Dunkelheit ermöglichen. Die Forscher fanden heraus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Nitrat, das eine Diatomeen-Zelle speichert und deren Überlebensfähigkeit ohne Licht und Sauerstoff. Je mehr Nitrat die Zelle zur Verfügung hatte, desto länger konnte sie im Dunkeln, also auch ohne Möglichkeit selber Sauerstoff durch Photosynthese zu bilden, überleben. In Experimenten mit der kaffeebohnenförmigen Diatomee Amphora coffeaeformis konnten sie beweisen, dass die einzelligen Algen in der Dunkelheit mit Hilfe des gespeicherten Nitrats atmen. Innerhalb nur eines Tages verbrauchen sie dabei den größten Teil des gespeicherten Nitrats und wandeln es zu Ammonium um, das von der Zelle ausgeschieden wird. Das wichtigste Ergebnis der Bremer Max-Planck-Forscher ist, dass die Zellen das Nitrat im Dunkeln nur zur Atmung und nicht, wie im Sonnenlicht, zum Aufbau von Biomasse verwenden. Anja Kamp sagt: „Wir schließen aus dem schnellen Verbrauch von Nitrat und dem Ausbleiben des Zellwachstums, dass die Nitratatmung bei Diatomeen ein Prozess ist, der lediglich ein Ruhestadium einleitet und nicht über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird.“
Bei Bakterien ist die Nitratatmung nichts Ungewöhnliches, denn viele der am Max-Planck-Institut untersuchten Bakterien sind in der Lage, mit Nitrat, Sulfat oder Eisen zu atmen. Überraschend ist aber, dass auch Algen, also Organismen mit einem Zellkern, Photosynthese und Nitratatmung betreiben können. Die Ergebnisse sind jetzt in dem angesehen interdisziplinären Journal Proceedings of the National Academy of Sciences publiziert worden.

Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie

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