Mülldeponien weltweit drittwichtigster Methan emittierender Klimakiller
Archivmeldung vom 20.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKommunale und private Betreiber von Abfalldeponien können einen massiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn von der Politik entsprechende Anreize geschaffen werden. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und gleichzeitig eine bereits erprobte Methode vorgestellt, die dieses Klimaschutzpotenzial vergleichsweise kostengünstig heben kann.
"Nach dem Verbot der Ablagerung organischer Abfälle im Juni 2005 ist die von Abfalldeponien ausgehende Klimabelastung zu Unrecht weitgehend aus dem Focus der Öffentlichkeit verschwunden", erklärt der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz. Denn auch nach der Schließung der Deponien und der zeitlich befristeten Pflicht zur energetischen Nutzung der Deponiegase gehen die chemischen Umsetzungsprozesse noch Jahrzehnte weiter und produzieren über den gesamten Zeitraum große Mengen des hoch klimawirksamen Gases Methan (CH4). Derzeit gelangen aus etwa 400 bis 600 deutschen Altdeponien CH4-Frachten in die Atmosphäre, die einer jährlichen CO2-Belastung von etwa acht Millionen Tonnen entsprechen. "Wir können es uns nicht länger leisten, große Klimaschutzpotenziale liegen zu lassen. Schon gar nicht, wenn die Lösung technisch erprobt, vergleichsweise einfach und bezahlbar ist", sagt Rosenkranz.
Weltweit stehen Abfalldeponien nach Rinderzucht und Reisanbau an dritter Stelle unter den Methan emittierenden Klimasündern, erläuterte der Hamburger Professor Rainer Stegmann, dessen Ingenieurbüro für Abfallwirtschaft, IFAS, eine neue Methode zur Deponiebelüftung entwickelt hat, die die Stoffumsetzung in Abfalldeponien auf wenige Jahre verkürzt und insbesondere die klimaschädliche Methangasentwicklung entscheidend reduziert. Nebenbei wird so auch die Gefährdung des Grundwassers durch Altdeponien erheblich entschärft. Bei der bereits in einigen Deponien erfolgreich getesteten Methode der Deponiebelüftung (im Fachjargon: aerobe in situ Stabilisierung) wird über Rohrsysteme beständig Luft in den Deponiekörper geblasen. Diese Beatmung der Deponie führt dazu, dass sich die chemische Umwandlung der organischen Abfälle verändert und beschleunigt: weg vom Methan hin zum 21 mal weniger klimaschädlichen Kohlendioxid. "Die Methode hat ihre Praxistauglichkeit bewiesen. Jetzt kommt es darauf an, dass die Deponiebelüftung an möglichst vielen - am besten an allen - Deponiestandorten auch wirklich eingesetzt wird", erklärt Stegmann.
Dass dies nicht längst geschehen ist, liegt daran, dass das Verfahren den Deponiebetreibern zunächst zusätzliche Investitions- und Betriebskosten abverlangt und sie gleichzeitig nicht von Rechtswegen gezwungen sind, die Methode einzusetzen. Im Rahmen eines aus Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) teilfinanzierten Projekts soll nun versucht werden, das Dilemma - eine im Prinzip kostengünstige Klimaschutzmaßnahme steht bereit, wird aber ohne finanziellen Anreiz nicht realisiert - zu überwinden. "Eine denkbare Lösung wäre die Einbindung der Deponiebelüftung in den europäischen und weltweiten Emissionshandel", erläutert der Geschäftsführer des Hamburger Projektentwicklers GFA ENVEST, Joachim Schnurr. Wenn Deponiebetreibern, die sich zur Anwendung der Methode entschlössen, die eingesparten CO2-Äquivalente gut geschrieben würden, wäre dies eine mögliche Lösung des Finanzierungsproblems. Profitieren könnten vor allem auch Kommunen als öffentliche Deponiebetreiber. Schnurr erläuterte, dass das allerdings nur mit Unterstützung der Politik, namentlich der Bundesregierung, möglich sei und zuvor die Rahmenbedingungen mit zahlreichen Details geklärt werden müssten. Klar sei auch, dass "die Hängepartie bei den Weltklimaverhandlungen und die bisher vergebliche Suche nach einer Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll eine Verständigung erheblich erschwert. Dies umso mehr, weil eine solche Regelung weit in die Zukunft weisen würde."
Deshalb halten IFAS, GFA ENVEST und DUH auch Ausschau nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten für die Methode der Deponiebelüftung. Denkbar wäre beispielsweise die Schaffung eines "Nationalen Programms Abfalldeponien und Klimaschutz" und Finanzierung aus dem "Energie- und Klimafonds" der Bundesregierung. In beiden Fällen könnten insbesondere kommunale Deponiebetreiber profitieren.
"Zwei Gründe sollten die Bundesregierung veranlassen, schnell nach einer Lösung zu suchen: National drängt die Zeit, weil jede Tonne Methan, die jetzt noch aus den Altdeponien in die Atmosphäre gelangt, über Jahrzehnte wirksam bleibt. Und international, weil eine in Deutschland etablierte Methode zur Deponiebelüftung die Möglichkeit eröffnet, im Weltmaßstab gegen einen der wichtigsten Klimakiller vorzugehen", sagt Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)