Eingeschleppte Schlange auf Guam radiert Tier- und Pflanzenwelt aus
Archivmeldung vom 09.08.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie aggressive Schlangenart hat nahezu alle einheimischen Vogelarten ausgerottet und ist auch für das Aussterben vieler anderer Kleintiere verantwortlich. US-amerikanische Biologen untersuchten erstmals auch die indirekten Schäden, die durch das Aussterben der Vogelarten verursacht werden.
So ist durch das Fehlen der Vögel nun
auch die Pflanzenwelt bedroht, da diese eine wichtige Rolle bei der
Verbreitung von Pflanzensamen spielen. Über ihre Ergebnisse berichteten
die Wissenschaftler um Haldre Rogers von der Universität von Washington
auf einem Treffen der Amerikanischen Ökologischen Gesellschaft in
Milwaukee.
Die Forscher untersuchten auf Guam und einigen Nachbarinseln, wie weit
sich Samen von ihren Elternpflanzen entfernen. Dabei stellten sie fest,
dass die Samen auf Guam ausschließlich direkt unterhalb ihres
Ursprungsorts aufzufinden waren. Auf der Nachbarinsel Saipan hingegen,
wo die Schlange nicht vorkommt und die Vogelwelt noch intakt ist,
wurden die Samen auch in größerem Abstand der Elternbäume gefunden.
Vögel fressen die Früchte von Pflanzen und scheiden die darin
enthaltenen Samen wieder aus. Auf diese Weise verbreiten sich die Samen
quer über die ganze Insel. Mit dem Aussterben der Vogelarten wurde
dieser natürliche Verbreitungsmechanismus unterbrochen.
Die Keimung der Samen wird durch die Nähe zu ihren Elternpflanzen
erschwert, da die Samen dort häufiger als an anderen Stellen gefressen
werden oder Pilzen zum Opfer fallen. Bei den auf der Nachbarinsel
Saipan gefundenen Samen fehlte außerdem häufig die äußere Samenhülle,
die durch die Verdauungsenzyme der Vögel zerstört wird. Dadurch keimen
die Samen schneller und es wachsen mehr junge Bäume.
Da wahrscheinlich 60 bis 70 Prozent aller Baumarten von der Verbreitung
der Samen durch die Vögel abhängig sind, werde es als Konsequenz
künftig wohl keine großen Mischwälder mehr auf der Insel geben, sondern
nur noch kleinere Gruppen von Pflanzen einer Art, vermuten die
Wissenschaftler. Ähnliche Auswirkungen könnten möglicherweise bald in
Wäldern auf der ganzen Welt zu beobachten sein, da die
Vogelpopulationen weltweit abnähmen.
Die Braune Nachtbaumnatter wird häufig als Paradebeispiel in
Lehrbüchern angeführt, wenn es darum geht, was eingeschleppte Tierarten
- sogenannte Neozoen - mit einem Ökosystem anstellen können. Seit sie
im Zweiten Weltkrieg nach Guam gelangte, sind zehn der zwölf
beheimateten Vogelarten ausgestorben. Von den verbliebenen zwei Arten
existieren weniger als 200 Exemplare.