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Neuen Waldschäden richtig vorbeugen

Archivmeldung vom 04.10.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Durch Borkenkäfer abgetötete Fichten am Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ökologen plädieren dafür, diese Form des Totholzes vermehrt im Wald zu belassen.
Quelle: Simon Thorn / Universität Würzburg (idw)
Durch Borkenkäfer abgetötete Fichten am Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ökologen plädieren dafür, diese Form des Totholzes vermehrt im Wald zu belassen. Quelle: Simon Thorn / Universität Würzburg (idw)

Abgestorbene Bäume aus den Wäldern schaffen und in großem Stil aufforsten: Das ist die Strategie der Bundesregierung gegen das „Waldsterben 2.0“. Ökologen der Universität Würzburg plädieren für eine andere Lösung.

Borkenkäfer, Hitze, Trockenheit, Stürme und Brände haben den Wäldern in Deutschland zugesetzt. Wer dort spazieren geht, trifft oft auf abgestorbene Fichtenbestände und vertrocknete Buchen. „Die Wälder sind in allen Regionen betroffen und benötigen schnelle Hilfe“, heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Aufräumen und Aufforsten: So stellt sich das Ministerium diese Hilfe vor. Ministerin Julia Klöckner spricht sich für groß angelegte Aufräumaktionen mit anschließender Wiederaufforstung aus. Für das Programm und die anschließende Pflege seien mindestens 500 Millionen Euro nötig.

Forscher sind für radikalen Wandel

Das aber sei nicht die richtige Strategie, schreiben die Waldökologen Simon Thorn, Jörg Müller und Alexandro Leverkus von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) im Magazin Science. „Diese Politik dürfte ausgedehnte, gleichmäßige Waldbestände schaffen, die für die Auswirkungen des Klimawandels weiterhin besonders anfällig sind“, sagt Simon Thorn.

Deutschland solle darum seine strategischen und finanziellen Anstrengungen zur Schaffung eines nachhaltigeren Waldsystems überdenken. Hier sei ein radikaler Wandel nötig: Die Wissenschaftler schlagen vor, Totholz nicht restlos zu entfernen und nicht im großen Stil wiederaufzuforsten.

Totholz in Wäldern erhalten

Die Forstwirtschaft verfolge schon seit Jahrhunderten die Praxis des Aufräumens und Aufforstens. Die Folgen: eine stetige Abnahme der biologischen Vielfalt bis hin zum Aussterben vieler Pilze und Insekten, die auf Totholz angewiesen sind.

Ein großflächiges „Aufräumen“ im Wald hat laut Thorn erwiesenermaßen erhebliche negative Auswirkungen auf die Vielfalt der von Totholz abhängigen Insekten. Das kollidiere mit den Zielen des Regierungskoalitionsvertrags, dem zufolge das dramatische Insektensterben gestoppt werden soll. Stattdessen sollten öffentliche Zuschüsse darauf abzielen, Totholzstrukturen zu erhalten.

Beim Wiederaufforsten für Lichtungen sorgen

Natürliche Störungen wie Stürme, Borkenkäferausbrüche und Dürreschäden ermöglichen es, dass auf den entstehenden Lichtungen unterschiedlichste einheimische Baumarten nachwachsen. Den Wissenschaftlern zufolge erhöht das die Widerstandsfähigkeit eines Waldes gegen extreme Wetterereignisse.

Im Gegensatz dazu führe eine schnelle Wiederaufforstung zu dichten, gleichaltrigen Baumgruppen, die sehr anfällig gegenüber Wetterereignissen und Schädlingen seien. Die Subventionen für die Forstwirtschaft sollten besser eine vielfältige Baum- und Altersstruktur sowie zeitweilig existierende Lichtungen fördern. Diese Strategie komme wirtschaftlich wichtigen Baumarten und stark bedrohten Insekten gleichzeitig zugute.

Waldsterben 2.0:

In den 1980er-Jahren gab es in Mitteleuropa großflächig Waldschäden. Im Kern wurde dafür die Luftverschmutzung durch Abgase aus Industrie und Verkehr verantwortlich gemacht. Damals war vom „Waldsterben“ die Rede. Auf diese Zeit bezieht sich das aktuelle Schlagwort „Waldsterben 2.0“. Der Zusatz „2.0“ drückt aus, dass die aktuellen Waldschäden diesmal andere Ursachen haben – nämlich den Klimawandel.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg (idw)

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