Farbe ist Trumpf - Bunte Guppy-Männchen haben die besten Chancen bei der Fortpflanzung
Archivmeldung vom 24.01.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBei Aquarianern sind Guppys aufgrund ihrer schönen Farben schon lange beliebt. Doch auch Biologen des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie und des Bioscience and Biotechnology Centers der Universität Nagoya in Japan haben ein Auge auf die quirligen und farbenprächtigen Fische geworfen. Das Team um die Doktorandin Verena Kottler, Professor Christine Dreyer und Professor Detlef Weigel konzentrierte sich in ihrer jüngsten Arbeit auf die Struktur der bunten Flecken. Die Arbeit wurde am Mittwoch, den 22. Januar 2014, im Journal PLOS ONE veröffentlicht.
Während Guppy-Weibchen durch ein unauffälliges Netzmuster getarnt sind, kommen die Männchen in einer schillernden und höchst auffälligen Farbenpracht daher. In vielen Studien wurde bereits das Verhalten der Tiere zueinander und in Bezug auf ihre Umwelt erforscht. Dabei haben Forscher herausgefunden, dass Guppy-Weibchen sich am liebsten mit bunten Männchen paaren, die viele und große orangefarbene Pigmentflecken aufweisen.
Guppys (Poecilia reticulata) sind lebend gebärende Süßwasserfische, die aus dem Nordosten Südamerikas stammen. „Mittlerweile kommen sie jedoch weltweit vor,“ erläutert Verena Kottler, „weil man sie zur Moskitobekämpfung eingesetzt hat.“ Auf der Karibikinsel Trinidad wurden die Fische besonders ausführlich untersucht, denn dort konnten sich durch Anpassung an sehr unterschiedliche Flussbiotope viele natürliche Variationen bezüglich Verhalten, Farbe und Gestalt herausbilden. Während sich der Zebrafisch (Danio rerio) besonders zur Untersuchung der Frühentwicklung eignet, gilt der Guppy schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts als Beispiel für natürliche Variation, da jedes Guppy-Männchen in der Natur ein individuelles Farbmuster besitzt.
In Trinidad leben Guppys in unterschiedlichen Lebensräumen, die sich in der Anzahl und den Arten von Raubfischen unterscheiden. Sind nur wenige Raubfische vorhanden, werden die Guppys spät geschlechtsreif und bekommen weniger Junge. Außerdem sind die Männchen insgesamt farbenfroher, da die Weibchen sich von besonders bunten Männchen beeindrucken lassen. Bunte Männchen haben deshalb die meisten Nachkommen. Sind jedoch große Raubfische vorhanden, so sind die Männchen weniger farbenfroh, da bunte Männchen von den Räubern leichter gesehen werden und deshalb eine geringere Überlebenschance haben. Der Guppy ist aus diesem Grund eine Tierart, an der man Evolution unmittelbar in der Natur beobachten kann.
Für Verena Kottler und ihr Team stellte sich die Frage, aus welchen Pigmentzell-Typen die Flecken männlicher Guppys aufgebaut sind. Nur dann ist es möglich, die Genetik, die den Farben zugrunde liegt zu verstehen. „Über das Verhalten der Tiere und die Ökologie weiß man mittlerweile schon sehr viel, aber die zugrundeliegenden genetischen Faktoren wurden bislang kaum untersucht,“ betont die Wissenschaftlerin. Für ihre Arbeit untersuchten die Forscher Farbmuster auf dem Körper und den Flossen von Guppy-Männchen der Sorten Cumaná, Quare6 und Maculatus. Cumaná-Guppys stammen aus Venezuela. Quare6-Guppys sind Nachkommen von Fischen aus dem Fluss Quare auf Trinidad, und die Sorte Maculatus ist von Wissenschaftlern und Hobbyaquarianern in Gefangenschaft gezüchtet worden. Die Forscher fokussierten sich bei ihren Versuchen auf die zentralen orangefarbenen und schwarzen Flecken, die sich nahe des Gonopodiums, des Begattungsorgans, befinden, da diese beiden Flecken bei allen Männchen gleichermaßen vorhanden sind.
Bei den Untersuchungen identifizierte das Team drei verschiedene Pigmentzelltypen und fand heraus, dass mindestens zwei davon zu jedem der unterschiedlichen Farbflecken beitrugen. Dies deutet darauf hin, dass möglicherweise Interaktionen zwischen den verschiedenen Pigmentzelltypen notwenig sind, um das Farbmuster der Guppy-Männchen zu bilden. Zudem zeigte sich, dass zwei Pigmentzellschichten, eine in der Dermis (obere Hautschicht) und eine andere in der Hypodermis (Unterhautschicht) für die Farbgebung der Fische verantwortlich waren. Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass die Pigmentzellverteilung innerhalb der orangefarbenen und schwarzen Flecken bei allen drei untersuchten Stämmen sehr ähnlich waren, obwohl die Cumaná- und Quare6-Guppys aus geografisch weit auseinander liegenden Populationen stammen, die vermutlich vor fast einer Millionen Jahre getrennt wurden. Dies legt nahe, dass stark konservierte genetische Faktoren die Anordnung der Pigmentzellen in diesen Fischen steuern.
Quelle: Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie (idw)