10 WWF-Forderungen an die IWC-Staaten zum Beginn der 60. IWC-Tagung
Archivmeldung vom 23.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHeute beginnt die 60. Tagung der Internationalen Walfangkommission IWC in Santiago de Chile. Bis zum 27. Juni debattieren die mittlerweile 80 Mitgliedsstaaten über die Zukunft von Walen, Delfinen und Tümmlern. Doch um was geht es in Chile genau?
Der WWF sagt, was geschehen muss, damit viele der hoch bedrohten Meeressäuger - vom über 30 Meter langen Blauwal, dem größten Tier der Erde, bis zum kleinen Zwergwal - auch in drei Jahrzehnten noch in unseren Weltmeeren schwimmen.
Die zehn WWF-Forderungen an die Staaten der IWC:
1. Walfang stoppen: Seit 1986 wird den Walen offiziell eine Atempause eingeräumt. Seither gilt ein Moratorium für den kommerziellen Walfang aller Großwalarten. Drei Staaten jedoch machen weiter Jagd auf diese Wale und legen ihre Fangquoten noch dazu selbst fest: Island, Norwegen und Japan. Norwegen hat Einspruch gegen das Moratorium eingelegt und ist damit nach den Statuten der Konvention nicht an das einstweilige Verbot gebunden; Japan und Island berufen sich auf den "wissenschaftlichen Walfang" (s.u.), nutzen die getöteten Tiere jedoch für den eigenen nationalen Walfleischmarkt. Der WWF fordert den sofortigen Stopp des "wissenschaftlichen" Walfangs. Die Konsumenten in den Walfang-Nationen stehen auf Seiten der Wale, immer weniger Menschen wollen das Fleisch noch kaufen.
2. Den Anachronismus "Wissenschaftlicher Walfang" abschaffen: Die IWC-Konvention stammt aus dem Jahre 1946. In Artikel VIII wird den Mitgliedsstaaten das Recht eingeräumt, sich selbst die Erlaubnis auszustellen, Wale für "wissenschaftliche Zwecke" zu töten. Dieser Anachronismus - es gibt anerkannte Methoden, Wale wissenschaftlich zu untersuchen, ohne sie zu töten - muss aufgelöst werden. Schließlich deckt er selbst die Tötung stark bedrohter Arten wie des Sei- und des Finnwals.
3. Ertrinken von Walen und Delfinen in Fischereinetzen beenden: Nach WWF-Schätzungen ertrinken jedes Jahr etwa 300.000 Wale, Delfine und Tümmler in den Netzen der Fischereiindustrie als ungewollter so genannter Beifang. Es gibt technische Lösungen, die helfen, den Beifang zu verringern. Der WWF fordert, diese Methoden als gute Fischereipraxis international verpflichtend einzuführen.
4. Klimawandel bekämpfen: Der Klimawandel gefährdet viele ohnehin bereits bedrohte Walarten zusätzlich. Besonders betroffen sind wandernde Walarten, die in Kaltwasserregionen ihre wichtigsten Nahrungsquellen haben. Steigt die globale Temperatur um mehr als zwei Grad Celsius an, könnte dies unweigerlich das Aus für eine Vielzahl heute bedrohter Meeressäuger bedeuten. Nach den Prognosen einer neuen WWF-Studie wird allein der Lebensraum der Wale im Südpolarmeer in 35 Jahren um bis zu ein Drittel geschrumpft sein. Auch um der Wale willen fordert der WWF deshalb einen konsequenten Kampf gegen den Klimawandel.
5. Meeresverschmutzung bremsen: Chemikalien, tote Zonen ohne Sauerstoff, Lärm durch Schiffsverkehr: die blauen Weiten der Ozeane sind alles andere als idyllisch. Meerestiere sind starkem Stress ausgesetzt. Die Folge: Abmagerung, Fortpflanzungsunfähigkeit, erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten. Der WWF fordert die IWC auf, Verantwortung für den Schutz der Meere zu übernehmen. Dazu gehört auch die konsequente Absage an Öl- und Gasförderung in wichtigen Walgebieten - zum Beispiel vor der russischen Insel Sachalin, vor der die wichtigsten Nahrungsgründe der letzten einhundert Westpazifischen Grauwale liegen.
6. Schiffskollisionen vermeiden: Viele Wale, Delfine und Tümmler kommen jedes Jahr ums Leben, weil sie mit Schiffen zusammenstoßen oder in Schiffsschrauben geraten. Schuld ist auch der starke Lärm unter Wasser und die Nutzung von Radar, der die empfindlichen Tiere in ihrer Orientierung stört. Der WWF fordert, alle technischen Möglichkeiten auszunutzen, um die Gefahren für Wale zu vermindern.
7. Auf die Forschung hören: In den letzten Jahren hat die vor allem von Japan und Island unterstützte Behauptung in der IWC Karriere gemacht, Wale seien schuld am Zusammenbruch vieler Fischbestände. Wissenschaftlich ist diese These längst vielfach widerlegt worden. Der WWF fordert, diese unseriöse Behauptung gemäß der wissenschaftlichen Fakten ein für allemal von der Agenda der IWC zu streichen. Dazu wird der WWF zusammen mit anderen Organisationen kommende Woche Berichte veröffentlichen und erneut belegen, dass einzig die nicht nachhaltig betriebene industrielle Fischerei die Überfischung bewirkt.
8. Schutzgebiete schaffen und finanzieren: An Land ist es selbstverständlich, auf hoher See die absolute Ausnahme: Weniger als ein Prozent unserer Weltmeere ist unter Schutz gestellt. Dies soll sich ändern, haben 190 Staaten auf dem UN-Naturschutzgipfel in Bonn vor rund drei Wochen beschlossen. Nun können 80 von ihnen beweisen, dass es ihnen ernst ist mit diesem Bekenntnis. Der WWF fordert die rasche Ausweisung von Meeresschutzgebieten und die notwendige Finanzierung (z.B. für Kontrollen), um den Walen Refugien zu bieten, in denen sich ihre Bestände erholen können.
9. Die Lähmung der IWC beenden: Seit Jahren wird auf IWC-Konferenzen nur noch um Mehrheiten geschachert: Überstimmen die Walfangbefürworter die Walschützer? Japan hat bereits vor einigen Jahren öffentlich zugegeben, Entwicklungsländern Geld zu bieten, damit sie in die IWC eintreten und dort für Japans Vorschläge stimmen. Inzwischen haben beide Seiten einen nahezu identischen Stimmenanteil. Die inhaltliche Arbeit ist durch diese Pattsituation fast vollständig zum Erliegen gekommen. Der WWF fordert ein Ende des Stimmenfangs für den Walfang und eine Konzentration auf die Lösung der Probleme.
10. Die IWC reformieren: Sollen die weltumspannenden Gefahren für Wale und Delfine auf der IWC verhandelt werden? Die Walfangnationen sagen nein, die Walschutzstaaten ja. Wale brauchen internationalen Schutz dringend wie nie: Alle anderthalb Minuten stirbt ein Wal. Im vergangenen Jahr hat die IWC beschlossen, nach neuen Wegen für die Konvention zu suchen. Der WWF fordert eine Reform, die Wale endlich schützt.
Quelle: Greenpeace e.V.