Studie zur Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle: Atommüll-Problem weiter ungelöst
Archivmeldung vom 03.09.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Suche nach einem tiefengeologischen Lager für hoch radioaktive Abfälle löst nicht das akute Zwischenlagerproblem. Eine Studie im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigt: Die Situation der 16 deutschen Zwischenlager für hoch radioaktive Abfälle ist weiterhin teils hoch problematisch. Es fehlen Genehmigungen, Sicherheitsvorkehrungen sind unzureichend, es gibt kein Gesamtkonzept.
Der BUND fordert von der Bundesregierung endlich ein belastbares Zwischenlagerkonzept - transparent erarbeitet, mit Beteiligung der Öffentlichkeit.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: "Die konzeptlose Zwischenlagerung des Atommülls in Deutschland gefährdet Mensch und Natur. Dieses brisante Thema wird von der Politik schon viel zu lange verschleppt, weil sich niemand daran die Finger verbrennen will. Doch es wird noch Jahrzehnte dauern, bis diese Abfälle in ein tiefengeologisches Lager verbracht werden können - wenn es überhaupt gelingt. Diese Zeit haben wir nicht. Der BUND fordert daher eine zügige und umfassende Überprüfung des gesamten Zwischenlagerkonzepts."
Oda Becker, Diplom-Physikerin und Studienautorin: "Die zwei deutschen Zwischenlager Jülich und Brunsbüttel besitzen seit sieben Jahren wegen fehlender Sicherheitsnachweise keine gültigen Genehmigungen. Die abgebrannten Brennelemente lagern dort einzig aufgrund aufsichtlicher Anordnungen. In das relativ schlecht geschützte Zwischenlager Ahaus sollen die abgebrannten Brennelemente aus dem Forschungsreaktor FRM II in München verbracht werden. Es handelt sich hierbei um 87,5 Prozent angereichertes und damit waffenfähiges Uran. Dieses Vorgehen ist absolut verantwortungslos."
Je länger Atommüll zwischengelagert wird, desto älter werden Behälterkomponenten. Das wirkt sich negativ auf die Sicherheit aus. So fehlen bisher Nachweise für das Verhalten der Materialien, die die Dichtheit für die erforderlichen langen Zeiträume gewährleisten sollen. Auch ist es in Deutschland zurzeit nicht vorgeschrieben, den Zustand der gelagerten Brennstäbe zu überprüfen. Die Sicherheit wird einzig durch rechnerische Nachweise geführt. "Das ist absolut unzureichend", so Becker.
Die Genehmigungen für die deutschen Zwischenlager sind auf 40 Jahre befristet. Sie enden zwischen 2034 und 2047. Ein tiefengeologisches Lager für hoch radioaktive Abfälle soll aber frühestens 2050 betriebsbereit, die Einlagerung erst 2070 abgeschlossen sein. Dieser Zeitplan wird jedoch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einhellig als unrealistisch angesehen. Demnach ist eine erste Einlagerung erst in etwa 100 Jahren (2117) wahrscheinlich.
Bandt: "Es wäre fatal, wenn das Zwischenlagerproblem dafür herhalten müsste, dass eine Atommülllagersuche auf Kosten von Sicherheit und Partizipation beschleunigt wird. Das Verfahren für die Entwicklung eines neuen Zwischenlagerkonzepts muss transparent und mit umfassender Bürgerbeteiligung erfolgen. Das wäre im Sinne politischer Glaubwürdigkeit und ein wirksamer Schritt hin zu einer erfolgreichen Standortauswahl für ein tiefengeologisches Lager."
Hintergrund:
Zwölf Zwischenlager befinden sich an AKW-Standorten, die drei zentralen Zwischenlager sind das Transportbehälterlager Ahaus, Gorleben und das Zwischenlager Nord. Zudem existiert ein Zwischenlager am Forschungsstandort Jülich. Hoch radioaktive Abfälle werden in Tonnen Schwermetall gemessen. Das Bundesumweltministerium rechnet mit voraussichtlich etwa 10.500 Tonnen hoch radioaktiver Abfälle, die in Deutschland endgelagert werden müssen bis zum Ende der letzten AKW-Betriebsgenehmigungen in 2022. Brennelemente sind die strahlenintensivste Form radioaktivem Abfalls. Zwar macht der hoch radioaktive Abfall im Volumen weniger als zehn Prozent aller radioaktiven Abfallstoffen aus, enthält aber über 99 Prozent der gesamten Radioaktivität.
- Studie: "Aktuelle Probleme und Gefahren bei deutschen Zwischenlagern für hoch-radioaktive Abfälle": www.bund.net/zwischenlagerstudie-2020
Quelle: BUND (ots)