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Glyphosat: Absprachen zwischen Industrie und EU-Kommission aufgedeckt

Archivmeldung vom 16.06.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Einsatz eines Glyphosat-Produkts anstelle mechanischer Maßnahmen zum Freihalten der Baumscheibe von Bewuchs
Einsatz eines Glyphosat-Produkts anstelle mechanischer Maßnahmen zum Freihalten der Baumscheibe von Bewuchs

Foto: Mnolf
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Rund eine Woche vor der entscheidenden Abstimmung über die Zukunft des Unkrautvernichters Glyphosat gerät EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis in Erklärungsnot. Im April hatte der Kommissar die Industrie öffentlich dazu aufgefordert, bisher geheime Krebsstudien zu Glyphosat zu veröffentlichen. Wie das Umweltinstitut München und GLOBAL 2000 anhand einer Anfrage nach EU-Verordnung 1049/2001 nun aufdeckten, war der Vorstoß vorab mit der Industrie abgesprochen. Die Organisationen werfen dem Kommissar eine gezielte Täuschung der Öffentlichkeit vor und fordern ihn auf, unverzüglich für die Veröffentlichung der geheim gehaltenen Studien zu sorgen.

Am 4. April sorgte der Gesundheitskommissar für Aufmerksamkeit, als er die Industrie medienwirksam aufforderte, bislang unter Verschluss gehaltene Studien zur Krebsgefahr von Glyphosat zu veröffentlichen. Der Kommissar begründete seine Aufforderung mit dem hohen öffentlichen Interesse an Transparenz im Fall von Glyphosat. Die Industrie schlug darauf noch am gleichen Tag die Schaffung von Leseräumen vor, in denen die Studien unter strengen Auflagen eingesehen werden könnten.

Die rasche Reaktion war jedoch kein Zufall: Das nun vom Umweltinstitut und der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 veröffentlichte Protokoll einer Telefonkonferenz zwischen Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA und der Industrie belegt, dass Brief und Antwort bereits Wochen zuvor zwischen den Beteiligten abgestimmt wurden.

Dazu erklärte Jurek Vengels, Referent für Verbraucherschutz beim Umweltinstitut: "Mit seiner Forderung nach Transparenz bei den Glyphosat-Studien hat Andriukaitis den Eindruck erweckt, er kümmere sich um die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Jetzt stellt sich heraus, dass alles vorab mit der Industrie abgesprochen war. Der Brief war wohl nichts anderes als eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Andriukaitis muss jetzt Stellung beziehen, ob er die Bürgerinnen und Bürger gezielt getäuscht hat."

Doch die Kritik der Umweltschützer geht noch weiter. Die unter Verschluss gehaltenen Studien sind das wichtigste Argument der Zulassungsbehörden und der Industrie, weshalb sie bei Glyphosat zu einer anderen Bewertung kommen als die KrebsforscherInnen der Weltgesundheitsorganisation, die keinen Zugang zu diesen Studien hatten. Obwohl Andriukaitis in seinem Schreiben betont, wie wichtig die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse wäre, hat sich auch zwei Monate später nichts an der Geheimhaltung geändert. Weder wurden die Studien offengelegt, noch die von der Industrie vorgeschlagenen Leseräume eingerichtet. Global 2000 und das Umweltinstitut haben deshalb eine Anfrage an die Kommission auf Zugang zu den Studien gestellt.

"Wenn Andriukatis tatsächlich an Transparenz gelegen ist, hat er jetzt die Gelegenheit dies zu beweisen, indem er für die Veröffentlichung der geheimen Glyphosat-Studien sorgt. Solange das europäische Zulassungsverfahren für Pestizide auf geheimen Studien der Pestizidhersteller basiert, wird es kein Vertrauen der Verbraucher und Verbraucherinnen geben", erklärte Helmut Burtscher, Umweltchemiker und Vorstandsmitglied bei Global 2000.

Die Dokumente finden Sie hier: http://ots.de/aHFWY

Der Brief des Kommissars an die Glyphosat-Industrie vom 4. April 2016

Das Antwortschreiben der Glyphosate Task Force mit gleichem Datum

Das Protokoll der Telefonkonferenz zwischen EU-Kommission und Industrie am 17. März

Die Anfrage von Umweltinstitut und GLOBAL2000 an die Kommission

Quelle: Umweltinstitut München e.V. (ots)

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