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Tiefensee verwehrt 60.000 Autofahrern Schutz vor unwirksamen Dieselfiltern

Archivmeldung vom 19.10.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Der Skandal um minderwertige Dieselnachrüstfilter der Firma GAT spitzt sich weiter zu. Der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) liegen jetzt Untersuchungen des TÜV Hessen von Juni 2007 vor, die illegale Manipulationen am ursprünglichen GAT-Filterkonzept im Detail belegen.

Mit einer Veränderung des Aufbaus des Filters und einer Vergrößerung der Poren in der Filterkeramik hat das Unternehmen offensichtlich versucht, die zuvor aufgetretene erhebliche Minderung der Motorleistung zu beheben. Darüber hinaus analysiert der TÜV eine weitere Verringerung der "Edelmetallbeschichtung" mit dem dramatischen Ergebnis, dass insgesamt nicht nur die Feinstaubfilterwirkung einbrach, sondern auch andere Abgaswerte teilweise die zulässigen Grenzwerte überschritten. Die Feinstaubfilterwirkung sank von 30,2 Prozent in der ursprünglichen Version auf nur noch 16,6 Prozent nach der ungenehmigten Manipulation. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Filterwirkung von mindestens 30 Prozent.

Inzwischen hat die Firma GAT nicht nur für die vom KBA gesperrten sondern für alle GAT EuroFilter einen kompletten Verkaufsstopp verkündet. Nach Marktbeobachtungen der DUH werden aber baugleiche GAT-Filter weiter von dem Unternehmen Tenneco/Walker vertrieben. Dies geschieht unter den Augen und erkennbar mit Billigung des KBA, das sich außerdem weigert, bereits vorliegende Prüfergebnisse unter dem fadenscheinigen Hinweis, diese seien noch nicht vollständig, zu veröffentlichen. In Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium weigert sich das KBA zudem, eine Rückrufaktion für die etwa 60.000 bereits in Diesel-Pkw eingebauten mangelhaften Systeme amtlich anzuordnen.

"Das KBA trifft Entscheidungen von solcher Tragweite nicht ohne Abstimmung mit seinem Dienstherrn. Der heißt Wolfgang Tiefensee, ist Bundesverkehrsminister und verweigert den Autofahrern, die einen Betrugsfilter eingebaut haben, jeglichen Schutz. Und obwohl noch weitere in Vergleichstests durchgefallene Filtersysteme anderer Unternehmen am Markt sind und von der DUH gemeldet wurden, hat seine Fachbehörde bis heute offensichtlich keine zusätzlichen Funktionstests angeordnet. Rund 60.000 Autofahrer, die sich nichtsahnend auf die angeblich ´KBA-geprüften´ Filter verlassen haben, lässt der Verkehrsminister mit ihrem Problem allein", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Wir fordern von Tiefensee, die bereits vorliegenden Untersuchungen der nachgeprüften Filter der Firmen GAT und Bosal umgehend öffentlich zu machen und die notwendigen Rückrufaktionen anzuordnen."

Für Autohalter, die in gutem Glauben schlechte Filter in ihre Diesel-Pkw haben einbauen lassen, versucht nun die DUH die von der Bundesregierung verweigerte Verbraucheraufklärung zu leisten. Unter www.duh.de können ab sofort Betroffene ein brancheninternes Rundschreiben abrufen, mit dem der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) in Ratingen seine Mitglieder umfassend über die Rechtsansprüche der betroffenen Autofahrer gegenüber den Werkstätten, der Werkstätten gegenüber den Autoteile-Händlern und der Händler gegenüber der Firma GAT aufklärt. Die GVA kommt zu dem Schluss: "Die Filter sind nach jetzigen Erkenntnissen mangelhaft. ... Wenn ein Autofahrer einen solchen Filter in sein Fahrzeug eingebaut erhalten hat, kann er sich an seine Einbauwerkstatt wenden und von diesem Vertragspartner die Mangelbeseitigung verlangen. Die Mangelbeseitigung kann dann nur durch Einbau eines Alternativfilters eines anderen Herstellers erfolgen". Nur für den (seltenen) Fall, dass ein passender Ersatzfilter am Markt nicht erhältlich sei, könne der Kunde Schadenersatz oder den Ausbau des mangelhaften Filters und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen. Werkstätten und Teile-Händler können sich, so die GVA, schließlich ihre Kosten von der Firma GAT ersetzen lassen.

Erhebliche Sprit-Mehrverbräuche und die Motoren gefährdenden erhöhten Abgasgegendrücke des GAT EuroFilters waren bei Voruntersuchungen einer führenden Schnellmontagekette bereits Anfang 2007 erstmals aufgefallen und wurden vom TÜV Hessen bereits Mitte März 2007 in einer anderen Untersuchung dokumentiert. Die beunruhigenden Meldungen veranlassten das Prüflabor zu einer detaillierten Untersuchung der einzelnen Bauteile von GAT EuroFiltern, deren Ergebnisse am 13. Juni 2007 präsentiert wurden und die der DUH ebenfalls vorliegen. Sie belegen zweifelsfrei die von der Firma GAT ab einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommenen Manipulationen gegenüber dem vom KBA zugelassenen Filterkonzept. So wurde die so genannte "Porosität" des Keramikschaums zugunsten niedriger Abgasgegendrücke geändert und die Porenanzahl im Filter um 23 bis 39 Prozent reduziert, der Porendurchmesser dafür aber entsprechend vergrößert. Darüber hinaus finden sich im nachträglich manipulierten Filter nur noch drei statt der zuvor fünf Keramikschaumscheiben.

In seinem Systemvergleich kommt der TÜV Hessen zu dem Ergebnis, dass "die am Bauteil vorgenommenen Änderungen eine Neuerteilung einer ABE nach Anlage XXVI STVZO sowie eine Genehmigung nach ECE-R 103 erfordern. Die beigefügten Papiere lassen allerdings eine neue ABE nicht erkennen." Darüber hinaus stellen die Prüfer die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit bei einem Diesel-BMW um etwa 30 km/h bzw. fest. Beängstigend ist zudem die von den TÜV-Prüfern festgestellte "starke Verschlechterung" der gasförmigen Emissionen, so dass auch andere gesetzlich vorgeschriebene Schadstoffgrenzwerte (neben dem des Feinstaubs) nach dem Eingriff zum Teil erheblich überschritten wurden. Die Gutachter schließen daraus auf eine "weitere Edelmetallreduzierung". Teure Edelmetalle wie Platin sind aber als katalytisch wirkende Bestandteile unverzichtbar für eine wirksame Abgas- und Feinstaubreinigung in Diesel-Pkws.

"Die Nachrüstung von Diesel-Pkw ist derzeit die wichtigste Einzelmaßnahme zur Eindämmung der Feinstaub-Problematik in unseren Städten. Die Bundesregierung muss sehr schnell dafür sorgen, dass dieses Instrument nicht durch einzelne schwarze Schafe diskreditiert wird. Es gibt zahlreiche gute Filter am Markt. Der Staat darf Filtersysteme zukünftig erst nach unabhängigen Funktionstests zulassen und muss die Messung der Feinstaubemissionen in die regelmäßigen Abgasuntersuchungen (AU) einbeziehen. Zukünftig dürfen Filter, die nicht filtern, nicht mehr auf den Markt kommen", schloss Resch.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.


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