Wer Vögel abschießt, schützt keine Fische
Archivmeldung vom 22.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn den letzten fünf Jahren haben Angler und Fischer in Deutschland mehr als 40.000 Kormorane erschlagen bzw. von Jägern abschießen lassen, weil sie die Vögel für ihre Ertragsverluste verantwortlich machen. Wissenschaftler des Deutschen Rates für Vogelschutz (DRV) haben diese Behauptung untersucht und erheben nun schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen.
"Der Kormoran kann nicht
für fischereiwirtschaftliche Probleme in Deutschland verantwortlich
gemacht werden", kommentiert Dr. Hans-Günther Bauer, Präsident des
DRV. Die Tatsache, dass sich der Vogel von Fisch ernähre, reiche als
Begründung nicht aus, denn fast überall stehen die jeweils häufigsten
Arten auf dem Speiseplan der Vögel. Bauer: "Eine Spezialisierung auf
besonders gefährdete oder für Menschen besonders wohlschmeckende
Arten gibt es nicht".
Untersuchungen an der Küste sowie sowie an großen Seen und Flüssen
hätten zudem gezeigt, dass Kormorane dort keinen nennenswerten
Einfluss auf die Bestände ihrer wildlebenden Beutetiere haben.
Anstatt weiter auf unschuldige Tiere zu schießen, solle man sich
lieber um die tatsächlichen Ursachen wie Verluste von Strukturen in
den Gewässern, Gewässerverbau z.B. durch Wehre und Wasserkraftwerke,
Wasserverschmutzung und unsachgemäße fischereiliche Bewirtschaftung
kümmern, so die Forderung des DRV. Auch der Landesbund für
Vogelschutz (LBV) und das Bonner Komitee gegen den Vogelmord
forderten heute ein Ende der Abschüsse in allen Bundesländern und
stattdessen einen verbesserten Schutz von Gewässern, zu dem u.a. auch
die Wasserrahmenrichtlinie alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet. Das
Beispiel Bayern zeige deutlich, dass selbst Abschusszahlen in Höhe
von 7.300 Vögeln pro Jahr keinen Einfluss auf die seit ca. 10 Jahren
weitgehend konstanten mittleren Winterbestände des Kormorans (knapp
7.000 Tiere) hatten. Die Kormoranvergrämung mit der Flinte verursache
darüber hinaus so starke Störungen der übrigen Wasservögel, dass der
DRV solche Maßnahmen in Schutzgebieten kategorisch ablehnt.
Anlässlich einer heute in Bonn vom Deutschen Fischereiverband
(DFV) organisierten "Internationalen Konferenz" zum Thema Kormorane
forderten die drei Verbände den Veranstalter auf, seine "einseitige
und unseriöse Hetzkampagne" gegen die Kormorane sofort einzustellen.
Eine von der Fischereilobby und einigen Bundestagsabgeordneten
angekündigte Initiative für eine Ausweitung der Abschüsse sei aus
fachlicher Sicht völlig inakzeptabel und überhaupt nicht Ziel
führend. "Maßnahmen wie das Töten von Jungen im Nest, der Einsatz von
Lasergeräten oder die hochfrequente Dauerbeschallung von Kolonien
stellen eine unsägliche Tierquälerei dar und verstoßen gegen das
Tierschutzgesetz und die Europäische Vogelschutzrichtlinie", so
LBV-Artenschutzreferent Dr. Andreas von Lindeiner.
Komiteevorsitzender Heinz Schwarze wies darauf hin, dass der Kormoran
in Mitteleuropa noch bis Anfang der 1980er Jahre vom Aussterben
bedroht war und sich die Bestände nur dank intensiver
Schutzbemühungen wieder erholt hätten.
Um Fischbestände in Deutschland wirkungsvoll zu schützen, sind nach Ansicht des DRV vor allem eine Verbesserung der Lebensraumqualität sowie wirksame Maßnahmen gegen kommerzielle Überfischung erforderlich. Als weiteres Beispiel nannten die Naturschützer die Renaturierung der Gewässer, strengere Schonzeitenregelungen sowie die Aufnahme des im Bestand bedrohten Aals in die Liste der durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützten Tierarten.
Quelle: Pressemitteilung Komitee gegen den Vogelmord