Die Rolle der Artenvielfalt in Korallenriffen
Archivmeldung vom 07.04.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtGemeinsam mit Wissenschaftlern aus rund 50 Ländern beteiligte sich das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen an einem globalen Zensus von Fischgemeinschaften in Korallenriffen. Nun erscheint hierzu eine Studie die verdeutlicht, dass die Rolle der Biodiversität in den Riffen bisher stark unterschätzt wurde.
Tropische Korallenriffe sind die artenreichsten Ökosysteme der Erde. Diese komplexen Lebensräume beherbergen vermutlich mehr als eine Million Arten an Tieren und Pflanzen. Wie eine neue, breit angelegte Untersuchung zeigt, ist die Rolle der Biodiversität in den Riffen jedoch bisher stark unterschätzt worden. Mit seiner Forschung an indonesischen Riffen beteiligte sich Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie an einem weltumspannenden Zensus von Fischgemeinschaften, der überraschende Ergebnisse ans Licht brachte.
Für die neue Studie sammelten 56 Wissenschaftler aus 49 Ländern Daten über Arten, Individuenzahl und –größe von Rifffischen an rund 2000 verschiedenen Orten, die sich über den gesamten Tropengürtel verteilten. In Korallenriffen spielen insbesondere die Fische eine wesentliche Rolle für das Funktionieren des gesamten Ökosystems. Zudem sind sie die Nahrungsgrundlage für viele Millionen von Menschen und damit eine der wesentlichen Ökosystemleistungen der Riffe: Gesunde Korallenriffe ergeben jährlich pro km2 rund 15 Tonnen Ertrag an Fischen.
Der Zensus wurde mit demographischen Daten über die Bevölkerungsdichte in den untersuchten Gebieten kombiniert. Wie erwartet waren Fischerei, Düngerverbrauch im Hinterland und die Bebauungsrate in dicht besiedelten Gebieten sehr hoch. Diese Einflüsse des Menschen können Riffe nachhaltig schädigen.
„Entgegen bisheriger Annahmen zeigte die Studie: Je diverser die Fischgemeinschaften in einem Korallenriff, desto stärker wirkt sich der negative Einfluss des Menschen aus“, berichtet Sebastian Ferse. Er untersuchte die Fischgemeinschaften dreier Standorte vor der Küste Nord-Sulawesis, inmitten des sogenannten Korallendreiecks, des Zentrums mariner Biodiversität. Die Orte sind unterschiedlich stark betroffen von schädigenden Einflüssen wie Abwassereinleitung ins Meer oder Dynamitfischerei.
Praktisch jede Art trägt also zum Funktionieren des komplexen Riffökosystems bei. So werden beispielsweise in der Fischerei vor allem die großen, räuberischen Rifffische weggefangen, wie Haie oder Zackenbarsche. Sie haben kaum Konkurrenten, die ihren Platz einnehmen können, ihre Funktion ist aber sehr bedeutend: die großen Räuber regen die Produktivität und Artendynamik im Riff an. Kranke Individuen sowie Arten, die unzureichend an die Lebensbedingungen im Riff angepasst sind, sind eine leichte Beute. Ihre ökologische Nische wird von erfolgreicheren Arten neu besetzt.
Angesichts des steigenden Bevölkerungsdrucks in tropischen Ländern macht die Studie eine Neubewertung der Rolle der Artenvielfalt im Riff dringend erforderlich. Man geht davon aus, dass sich innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre die Anzahl der Menschen in Ländern mit Korallenriffen sogar verdoppeln wird. Der zunehmende Verlust an Biodiversität in Riffen schwächt diese und ihre Ressourcen. Mittlerweile liegt er sogar über dem der tropischen Regenwälder.
Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT)