Wer profitiert? - Für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen
Archivmeldung vom 07.03.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.03.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens Brehl21 Organisationen aus Umwelt- und Tierschutz, Landwirtschaft und Entwicklungspolitik rufen die Agrarminister von Bund und Ländern auf, sich für die Veröffentlichung der Daten über Agrarsubventionen einzusetzen. In anderen europäischen Ländern ist längst transparent, wofür welche Unternehmen und Betriebe wie viel Agrarsubventionen erhalten - nicht aber in Deutschland.
Deshalb haben
die Organisationen die "Initiative für Transparenz bei
EU-Agrarsubventionen" gegründet, die anlässlich der
Agrarministerkonferenz erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
"Es geht uns nicht darum, eine Neid- oder Streichdebatte
anzuzetteln", sagt Sarah Kahnert, Welthandelsreferentin von
Germanwatch. "Vielmehr soll offen gelegt werden, ob die
Agrarsubventionen nach sinnvollen Kriterien verteilt sind und
ausreichend an gesellschaftliche Leistungen gebunden sind." Gemäß den
letzten verfügbaren Zahlen erhalten in Deutschland 0,5 Prozent der
Betriebe jeweils mehr als 300.000 Euro (20 Prozent aller
Direktzahlungen), während 70 Prozent der Betriebe jeweils bis zu
10.000 Euro erhalten (25 Prozent der Direktzahlungen). "Mit der
derzeitigen Verteilung der Gelder gibt es mehr Verlierer als
Gewinner", erklärt Marita Wiggerthale, Handelsexpertin bei Oxfam.
"Verlierer sind kleinere Betriebe, die ums Überleben kämpfen, die
Umwelt, die unter den Folgen der Intensivlandwirtschaft leidet und
die Kleinbauern in den sogenannten Entwicklungsländern, die mit den
billigen, subventionierten Lebensmitteln aus der EU nicht
konkurrieren können. Erst wenn Prämienzahlungen effektiv qualifiziert
werden, wird auch das Dumping mit seinen negativen Auswirkungen für
Kleinbauern in Entwicklungsländern verringert werden."
"Die heutigen Prämienzahlungen haben auch innerhalb der EU eine
Dumpingwirkung", sagt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf,
Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
(AbL), und erläutert: "Ein flächenstarker rationalisierter Betrieb
kann umgerechnet auf eine betriebliche Arbeitskraft ganz legal
120.000 Euro jedes Jahr vom Staat erhalten. Der Durchschnitt aller
Betriebe erhält mit rund 8.500 Euro weniger als ein Zehntel davon.
Für die arbeitsintensive und qualitätsorientierte Landwirtschaft
bedeutet das eine ungeheure Wettbewerbsverzerrung. Die Prämien müssen
an den sozialen und ökologischen Nutzen für die Gesellschaft gebunden
werden. Darauf zielt die Initiative ab, wenn sie die Offenlegung der
EU-Agrarsubventionen fordert."
"Die EU-Beschlüsse über die Finanzen in den kommenden sieben Jahren verschärfen die Situation für alle Landwirte, die umweltgerecht produzieren", sagt Tanja Dräger de Teran, Referentin für Internationale Agrarpolitik beim WWF. "Die EU plant, die für die ländliche Entwicklung wichtigen Subventionen drastisch zu kürzen. In Deutschland wird dies gerade die Bundesländer mit einer kleinstrukturierten Landwirtschaft besonders hart treffen, wie z.B. Bayern und Baden-Württemberg. Obwohl immer mehr Verbraucher umweltgerecht produzierte Lebensmittel fordern, kappt die EU ausgerechnet hier besonders stark die Subventionen. Auch steht in den Sternen, woher bei den knapper werdenden Mitteln die Kompensationszahlungen für die Landwirte kommen sollen, die zukünftig das länderübergreifende Natura 2000 Schutzgebietssystem pflegen werden".
Quelle: Pressemitteilung WWF