NABU-Studie warnt vor einseitigem Fokus des Bioökonomierats der Bundesregierung
Archivmeldung vom 06.09.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Es ist eine herbe Enttäuschung, dass der von der Bundesregierung eingesetzte Bioökonomierat keine wirklich neuen Strategien entwickelt, sondern einfach die alten Denkmuster fortsetzt, dass Ingenieurskunst und technischer Fortschritt schon irgendwie all die Probleme der wachsenden Weltbevölkerung und schwindenden Ressourcen lösen könnten", kritisiert NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Der NABU hat ein Gutachten vorgelegt, das die Empfehlungen des Bioökonomierates unter die Lupe nimmt. "Im Mittelpunkt dieser Strategie stehen Produktionssteigerung und Biotechnologie. Versprochen werden moderne, gentechnisch veränderte Allzweckwaffen, die den Energiekonsum und die Welternährung sichern werden und mit technischem Fortschritt all die akuten Probleme der Umweltzerstörung mit Dürren und Überflutungen aus der Welt schaffen würden, suggeriert der Bioökonomierat - Aber diese Haltung ist nicht wissensbasiert, sondern gründet auf reinen Wunschträumen", resümiert Tschimpke die NABU-Studie.
Bis 2050 werden neun Milliarden Menschen auf der Welt leben, zugleich schwinden die Erdölreserven und die Umweltausbeutung und der bedrohliche Klimawandel nehmen zu - das neue Zauberwort zur Lösung dieser Probleme lautet Bioökonomie. Klar ist: Wir können die Ressourcen der Welt nicht weiter plündern und zerstören, unser Verbrauch an Rohstoffen und Energie muss in Zukunft nachhaltig sein, also nachwachsen. Die notwendige Strategie dafür entwickelt in Deutschland der Bioökonomierat. Er lieferte mit seinen Gutachten die Grundlagen für das Rahmenprogramm "Bioökonomie 2030", für das die Bundesregierung 2,4 Milliarden Euro bereitgestellt hat.
Problematisch ist, dass der "Forschungs- und Technologierat Bioökonomie" sich nahezu ausschließlich auf technologische Lösungen beschränkt, kritisiert die NABU-Studie. "Eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die dramatischen aktuellen Probleme Folgen des Lebensstils der reichen Länder, der Grünen Revolution und des Erdölrausches sind, sucht man beim Bioökonomierat vergebens", erklärt Tschimpke.
Der Bioökonomierat setzt primär auf die Forschung in den Bereichen Gentechnologie und synthetische Biologie/Systembiologie, um diverse Zielkonflikte zu entschärfen. So soll die Rohstoffbasis des Wirtschaftens verändert, Biomasse verstärkt als Energieträger angeboten und zugleich die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sichergestellt werden. Die daraus resultierende Konkurrenz der Landnutzungen soll allein durch die Intensivierung bioökonomischer Ansätze entschärft werden. "Grundsätzlich richtet sich der Rat dabei auf Wachstum aus und wie dieses permanente Steigerungs-Diktat stimuliert werden kann", kritisiert Olaf Tschimpke. Begrenzungen des Wachstums werden zwar gesehen, aber der Rat geht davon aus, dass neue technologische Möglichkeiten diese Grenzen überwinden werden. "So setzt der Bioökonomierat ganz auf das Motto "mehr vom selben" und löst mit seiner Fixierung auf technischen Fortschritt keines der Probleme, die aus eben diesem zu engen Verständnis von Natur und Umwelt resultieren."
Die Transformation der Gesellschaft für ein "biobasiertes" Zeitalter setzt eine offene Debatte mit der Zivilgesellschaft und dem Parlament voraus. "Viele der vom Bioökonomierat aufgeworfenen Fragen sind richtig und wichtig. Aber sie dürfen eben nicht bloß von einem demokratisch nicht legitimierten Rat behandelt werden", betont Tschimpke. So geht der NABU Bundesverband gemeinsam mit der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der Evangelischen Akademie Villigst einen ersten Schritt und diskutiert am 12. September auf einer öffentlichen Veranstaltung gemeinsam mit Wissenschaftlern und Abgeordneten das Gutachten des Bioökonomierates sowie die wesentlichen Kritikpunkte der NABU-Studie.
Quelle: NABU (ots)