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Umweltverbände siegen vor Gericht im Streit um saubere Luft in München

Archivmeldung vom 09.10.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.10.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: berlin-pics  / pixelio.de
Bild: berlin-pics / pixelio.de

Weil die Stadt München die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Ruß und NO2 noch immer bei weitem nicht einhält, hat das Verwaltungsgericht München den Freistaat Bayern heute dazu verpflichtet, konkrete weitere Maßnahmen zur Schadstoffreduktion zu ergreifen. Der Verhandlung war eine Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) vom Februar 2012 vorausgegangen, die als Mitglied der Kampagne "Rußfrei fürs Klima" rechtliche Schritte gegen die Luftreinhaltepolitik Münchens ergriffen hatte. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bund Naturschutz in Bayern (BN) begrüßte die DUH die Entscheidung des Gerichts und forderte die Stadt auf, die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in München sofort umzusetzen.

Rechtsanwalt Remo Klinger von der Kanzlei Geulen & Klinger in Berlin, der die DUH in dem Prozess vertritt, erläutert: "Das Urteil ist richtungweisend für das deutsche Umweltrecht insgesamt. Es stärkt den Rechtsschutz aller Umweltverbände und bringt neuen Schwung in die Bemühungen um eine bessere Luft. Ein großer Erfolg, den es in der nächsten Instanz zu verteidigen gilt."

Aus Sicht des Gerichts und der klagenden Verbände sind effizientere Maßnahmen zum Schutz vor giftigen Feinstaubemissionen in München dringend notwendig. Allein im Jahr 2011 wurde der zulässige Feinstaub-Tagesmittelwert von 50 µg/m³ an der Messstelle Landshuter Allee 48 Mal überschritten - erlaubt sind maximal 35 Tage. Auch der Wert für Stickstoffdioxid (NO2) lag mit 85 µg/m³ um mehr als 100 Prozent über dem vorgegebenen Jahresmittelwert von 40 µg/m³. Zwar führte die Stadt München zum 1. Oktober 2012 die grüne Plakettenpflicht für die eigene Umweltzone ein. Die bayerische Landeshauptstadt machte jedoch gleichzeitig deutlich, dass sie Verstöße vorerst nicht ahnden wird. Durch die Entscheidung des Gerichts ist München nun verpflichtet, weitergehende Maßnahmen einzusetzen, um die Luftqualität weiter zu verbessern.

Nach Ansicht der Umweltverbände stehen in anderen deutschen und europäischen Städten erprobte Maßnahmen zur Verfügung, um die Luftqualität Münchens erheblich zu verbessern. Dafür müsse die Stadt die Umweltzone auf alle Teile des Mittleren Rings vergrößern und die Einhaltung der Plakettenpflicht konsequent kontrollieren. Gleichzeitig müssen die zahlreichen Ausnahmen für Dieselfahrzeuge kurzfristig abgebaut und eine generelle Filterpflicht für Baumaschinen und Baufahrzeuge eingeführt werden. Eine wie in der Bundeshauptstadt Berlin seit Jahren praktizierte generelle Nachrüstung aller ungefilterten Busse mit einer modernen Ruß- und NO2-Abgasreinigung sei ebenso notwendig wie Maßnahmen zur allgemeinen Verringerung des Straßenverkehrs.

Bereits in den Jahren 2005 bis 2007 hatte die DUH den damals an der Landshuter Allee wohnhaften Dieter Janecek in seiner Klage für die Umsetzung sofort wirksamer Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität unterstützt und einen ersten Erfolg vor Gericht errungen. Der Europäische Gerichtshof bestätigte damals in diesem Zusammenhang das einklagbare "Recht auf saubere Luft". Der richterliche Entscheid führte unter anderem zu einem Verbot für Lkw-Transit sowie zur Einführung der Umweltzone in München. Diese gilt jedoch nicht für die am stärksten belastete Straße der Stadt, die Landshuter Allee. "Die Münchnerinnen und Münchner haben seit dem Urteil des EuGH von 2008 das verbriefte Recht auf saubere Luft. Die konsequente Umsetzung der Umweltzone über den Mittleren Ring hinaus ist eine notwendige Maßnahme zur Schadstoffreduzierung. Gleichzeitig braucht es entschlossene Anstrengungen für eine echte Verkehrswende, um den Pkw- und Lkw-Verkehr im Stadtgebiet wirksam zu reduzieren", sagt Dieter Janecek, der Landesvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Bayern.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) unterstreicht: "Die Entscheidung des Gerichts ist ein großer Erfolg für alle Bewohnerinnen und Bewohner Münchens, die von der Feinstaubbelastung betroffen sind. Leider musste sowohl die Stadt wie auch das bayerische Umweltministerium über Gerichtsentscheidungen gezwungen werden - die Einhaltung der Bestimmungen wird aber faktisch kaum kontrolliert. Die DUH wird daher so lange in München mit eigenen Kontrollen überprüfen, ob die Stadt die entsprechenden Maßnahmen ergreift und damit zur Luftreinhaltung beiträgt, bis diese ihrer Verantwortung nachkommt und eigenständig kontrolliert." Auf konkrete Maßnahmen zur Verkehrsreduktion geht Christian Hierneis vom Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) ein und fordert: "Neben der Ausweitung der Umweltzone deutlich über den Mittleren Ring hinaus, sind vor allem Maßnahmen zu ergreifen, die den Verkehrsverbund sinnvoll stärken. Jeder Berufspendler, der nicht mit dem Auto in die Stadt kommt, ist ein Gewinn für die Luft in München."

Der internationale Verkehrsberater Axel Friedrich betont neben den gesundheitlichen Gefahren die klimatischen Veränderungen durch den hohen Rußeintrag. Der Verkehr ist mitverantwortlich für den Klimawandel und das schnelle Abschmelzen des Arktiseises und der Inlandsgletscher. "Die gerichtliche Entscheidung in München hat sofortige Auswirkungen für die Menschen vor Ort, aber sie ist auch ein kleiner Schritt im Kampf gegen den Klimawandel. Wichtig ist jetzt, dass alle Fahrzeuggruppen, die mit Dieselmotoren betrieben werden - also nicht nur Pkw, sondern auch Nutzfahrzeuge, Baumaschinen, Schienenfahrzeuge und Schiffe - mit entsprechenden Ruß- und NO2-Minderungssystemen nachgerüstet werden. Dadurch können die klima- und gesundheitsschädlichen Rußemissionen drastisch reduziert werden."

Die Kampagne "Rußfrei fürs Klima" wird getragen von den deutschen Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden Bund für Umwelt und Naturschutz BUND, Naturschutzbund NABU, Verkehrsclub Deutschland VCD und Deutsche Umwelthilfe DUH. Ziel der Kampagne ist es, die Klimawirkung von Dieselrußemissionen ins Bewusstsein von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit zu bringen und Maßnahmen zur Rußminderung einzufordern. www.russfrei-fuers-klima.de

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)

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