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Schnelles Korallensterben

Archivmeldung vom 23.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Miriam Weber misst die Sauerstoffkonzentration mit einem haarfeinen Mikrosensor in einer Sedimentschicht, die sich auf einer Korallen angesammelt hat. Wenn der Gehalt an organischem Material in der zwei Millimeter dünnen Sedimentschicht leicht erhöht ist, reicht es aus, um die Koralle zu schädigen und eine tödliche Kettenreaktion in Gang zu setzen. Die Algen können keinen Sauerstoff mehr produzieren, Mikroorganismen zersetzen die organischen Verbindungen und machen die Umgebung sauer. In der Folge entsteht das Zellgift Schwefelwasserstoff, das den schnellen Korallentod endgültig besiegelt.
Quelle:  (idw)
Miriam Weber misst die Sauerstoffkonzentration mit einem haarfeinen Mikrosensor in einer Sedimentschicht, die sich auf einer Korallen angesammelt hat. Wenn der Gehalt an organischem Material in der zwei Millimeter dünnen Sedimentschicht leicht erhöht ist, reicht es aus, um die Koralle zu schädigen und eine tödliche Kettenreaktion in Gang zu setzen. Die Algen können keinen Sauerstoff mehr produzieren, Mikroorganismen zersetzen die organischen Verbindungen und machen die Umgebung sauer. In der Folge entsteht das Zellgift Schwefelwasserstoff, das den schnellen Korallentod endgültig besiegelt. Quelle: (idw)

Die Farbigkeit, Vielfalt und Exotik der tropischen Korallenriffe fasziniert viele Menschen weltweit. Und doch sind es die Folgen unserer Zivilisation, die dieses fragile Ökosystem bedrohen durch Klimaerwärmung, Sauerstoffmangel und Ozeanversauerung. Fortschreitende Industrialisierung, Waldrodungen und intensive Landwirtschaft in küstennahen Gebieten führen zu Erosion und verändern die Lebensbedingungen im Meer dramatisch. Jetzt haben Bremer Max-Planck-Forscher im Team mit Kollegen ihre Ergebnisse in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. PNAS 10.1073/pnas.1100715109

Riffbildende Steinkorallen siedeln in flachen, lichtdurchfluteten tropischen Küstengewässern zwischen 30 Grad Nord und 30 Grad Süd. Die einzelnen Polypen der Koralle scheiden ein Kalkskelett aus und bilden Millimeter um Millimeter in vielen hunderten bis tausenden Jahren das Riff. Sie leben dabei in Symbiose mit einzelligen Algen, die dem Riff die charakteristischen Farben geben. Diese photosynthetisch aktiven Algen bilden wie die Pflanzen an Land aus Kohlendioxid und Wasser Sauerstoff und Kohlenhydrate, von denen der Polyp leben kann.

Korallenbleiche, der schleichende Tod

Man weiß schon seit den 1980er Jahren, wie die Korallenbleiche abläuft: Erhöhte Wassertemperaturen um nur 1 bis 3 Grad führen dazu, dass die Algen anfangen, Giftstoffe zu produzieren und die Polypen als Abwehrreaktion die farbigen Algen abstoßen. Der Korallenstock wirkt wie ausgebleicht. Die Koralle ist jedoch auf die Algen angewiesen und kann ohne sie nur noch wenige Wochen überleben.

Schneller Tod in weniger als 24 Stunden

Das Korallensterben kann auch viel schneller ablaufen, beispielsweise in Küstenzonen, in denen durch Flüsse nährstoffreiche Sedimente ins Meer gespült werden. Miriam Weber, Wissenschaftlerin am Bremer Max-Planck-Institut, beschreibt den Forschungsansatz: “Wir wollten wissen, wie verstärkte Sedimentablagerungen, gepaart mit dem Eintrag von organischem Material und natürlich vorkommende Mikroorganismen den Korallentod verursachen. Um die wesentlichen physikalischen, chemischen und biologischen Parameter zu untersuchen, haben wir unsere Versuche mit natürlichem und modifiziertem Sediment in 60 Liter großen Behältern, so genannten Mesokosmen, am Australischen Meeresforschungsinstitut (AIMS) in Townsville durchgeführt.“

Die Forscher fanden heraus, in welchen Schritten der schnelle Korallentod abläuft:

Phase 1: Lagert sich eine nur 2 Millimeter dünne, mit organischem Material versetzte Sedimentschicht auf den Korallen ab, stellen die Algen die Photosynthese ein, weil kein Licht mehr zu ihnen durchdringt.

Phase 2: Der Sauerstoffgehalt dieser Schicht sinkt auf Grund erhöhter Aktivität von Mikroben, die das organische Material umsetzen, auf null. Jetzt treten andere Mikroorganismen auf den Plan, die größere Kohlenstoffverbindungen im Sediment durch Fermentation und Hydrolyse abbauen, wodurch die Umgebung saurer wird.

Phase 3: Der fehlende Sauerstoff und die saureren Bedingungen reichen aus, dass erste Stellen der Koralle unwiederbringlich geschädigt werden. Das absterbende Korallengewebe wird dann wiederum von Bakterien abgebaut und es wird Schwefelwasserstoff, ein starkes Zellgift, frei. Dieser ist toxisch für die noch lebenden Teile der Koralle und führt in einer Art Kettenreaktion zum Absterben der umliegenden Polypen in weniger als 24 Stunden.

Miriam Weber:“Zunächst dachten wir, der giftige Schwefelwasserstoff sei der Killer für die Koralle, aber unsere Versuche und die mathematische Modellierung haben klar gezeigt, dass es ausreicht, dass das Milieu sauerstofffrei und saurer wird, um die Korallen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der im weiteren Verlauf gebildete Schwefelwasserstoff beschleunigt dann das Absterben. Erstaunlich für uns war, dass die geringe Erhöhung des organischen Gehalts um lediglich ein Prozent im Sediment ausreicht, um diese tödliche Wirkung zu entfalten. Die extreme Wirkung von Sauerstoffmangel bei gleichzeitiger Ansäuerung sind eine wichtige Erkenntnis, gerade vor dem Hintergrund der rasch zunehmenden Versauerung der Ozeane. Wenn wir diese Umweltzerstörung stoppen wollen, sind politische Entscheidungen notwendig.“

Katharina Fabricius vom AIMS ergänzt: „Diese Studie hat erstmalig die Mechanismen gezeigt warum diese an organischem Material angereicherten Sedimenten die Korallen schädigen. Nicht angereicherte Sedimente, die vom Meeresboden durch Wind und Welle aufgewirbelt werden, haben hingegen wenig Auswirkungen auf die Korallenriffe. Verbessertes Küstenzonenmanagement ist nötig um den Verlust von Boden und Nährstoffen, welche in der Landwirtschaft nützlich sind, zu verringern, so dass sie nicht ins Meer gespült werden wo sie so viel Schaden anrichten.“

Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie (idw)

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