NO2-Grenzwerte auch auch in kleinen Gemeinden überschritten
Archivmeldung vom 29.11.2017
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Freigeschaltet durch André OttAutoabgase sind nicht nur ein Problem der Großstädte, sondern belasten auch überraschend stark kleine Ortschaften und sogar Kurorte, wie Bad Rappenau. Das ist das Ergebnis einer großen Messaktion, die der SWR im Rahmen des multimedialen Projekts "Abgasalarm" ins Leben gerufen hatte. Im September diesen Jahres hatte der SWR seine Zuschauer, Zuhörer und Internetnutzer dazu aufgerufen, die Stickstoffdioxidbelastung vor ihrer Haustür zu messen.
Dank großer Resonanz konnte in über 200 Städten und Gemeinden im SWR Sendegebiet die Schadstoffbelastung gemessen werden, auch an Orten, an denen es noch nie behördliche Messungen gab. Jetzt liegen die Ergebnisse vor - und bieten Überraschungen. Weitere Infos unter www.swr.de/abgasalarm
Grenzwertüberschreitungen u. a. in Stuttgart, Trier, Stadecken-Elsheim und Blaustein "Wir haben an 21 unserer Messpunkte eine Überschreitung der gültigen EU-Grenzwerte festgestellt", so Projektleiter Thomas Reutter. "Und darunter sind nicht nur größere Städte wie Stuttgart, Mannheim, Heidelberg, Trier, Kaiserslautern oder Pforzheim, sondern auch sehr kleine Ortschaften wie Stadecken-Elsheim (RP) oder Blaustein (BW)." Die Ergebnisse der Bürger-Messaktion zeigen eindeutig: Auch in kleinen Gemeinden können die Grenzwerte überschritten werden, wenn sie an einer verkehrsreichen Straße liegen. "Schlechte Luft gibt es nicht nur in Großstädten", so Reutters Resümee.
Dieses Ergebnis ist neu, denn unsere Zuschauer haben zum ersten Mal an Orten gemessen, wo es noch nie behördliche Messstationen gab - zum Beispiel in Stadecken-Elsheim, eine kleine Gemeinde südlich von Mainz. Mitten durch den Ort führt eine stark befahrene Landstraße Richtung Mainz mit viel PKW- und LKW-Verkehr. Hier wurde der höchste Wert in Rheinland-Pfalz ermittelt. Die von uns gemessene Stickstoffdioxid-Konzentration liegt mit 54,6 µg NO2 / m³ Luft deutlich über dem gültigen Grenzwert (Jahresmittel: 40 µg / m³ Luft).
Höchste Belastung in Wiesloch - grüne Gebiete in Städten schneiden oft gut ab Das gleiche gilt für die nordbadische Stadt Wiesloch. Hier wurde der höchste Wert der gesamten Messaktion ermittelt. 63,4 µg / m³ Luft - damit wurde in Wiesloch eine Grenzwertüberschreitung in einer Größenordnung festgestellt, wie sie sonst in Großstädten wie Köln oder Hamburg gemessen werden. "Während die behördliche Messstation in Wiesloch in einem ruhigen Wohngebiet steht, haben unsere Zuschauer zum ersten Mal direkt an einer der Hauptstraßen gemessen", so Reutter.
Das gleiche gilt für Blaustein (bei Ulm, Messwert: 48,8 µg / m³), Gerlingen (bei Stuttgart, Messwert: 47,1 µg / m³) oder Kirburg (im Westerwald, Messwert: 40,3 µg / m³) - auch hier wurden die Grenzwerte überschritten. Auffällig ist der Kurort Bad Rappenau: An der Durchfahrtsstraße (Heinsheimer Straße) liegt die Stickstoffdioxid-Belastung über dem Grenzwert (Messwert: 45,1 µg / m³ Luft). "An zahlreichen Orten haben unsere Zuschauer aber auch geringere Belastungen gemessen als befürchtet", so Reutter. "Wer in Stuttgart, Mannheim, Ludwigshafen oder Mainz in einer verkehrsarmen oder grünen Gegend wohnt, hat zum Teil bessere Luft als einige kleine Gemeinden. Alles hängt vom Verkehr vor der eigenen Haustür ab."
SWR Messaktion mit über 200 Passivsammlern Für die Messaktion wurden über 200 sogenannte Passivsammler (Messröhrchen) an SWR Zuschauer, Zuhörer und Internetnutzer in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verschickt. Diese Messröhrchen stammen von einem EU-zertifizierten Labor in der Schweiz, das auch die Laboranalysen für den SWR durchgeführt hat. Die Teilnehmer der Messaktion haben die Röhrchen mehrere Wochen vor ihrer Haustüre aufgehängt. In dieser Zeit wurde in den Röhrchen Stickstoffdioxid aus der Luft gesammelt und dann im Labor ausgewertet. Dieses Verfahren (Passivsammler) wird auch von Umwelt-Behörden in Deutschland angewandt. Es wurde ausschließlich Stickstoffdioxid gemessen - Aussagen über Feinstaub oder andere Luftschadstoffe lassen sich damit nicht treffen.
Multimediales Sonderprojekt "Abgasalarm" unter www.swr.de/abgasalarm Das SWR Fernsehen ("betrifft"), SWR.Online und der SWR Hörfunk (Datenjournalismus und Recherche) haben gemeinsam das multimediale Sonderprojekt "Abgasalarm" entwickelt. Das SWR Fernsehen widmet dem Feld einen Thementag am 29. November mit Sendungen aus dem Bereich Service, Dokumentation und Bürgertalk. Auch im Hörfunk gibt es Thementage bei SWR1 und SWR4 vom 27. bis 29. November. SWR online hat ein Web-Special mit umfänglichen Fakten zum gesamten Themenkomplex Verkehr und Luftbelastung erstellt. "Kaffee oder Tee?" wird am Mittwoch, 29. November, ab 16:05 Uhr die Frage nach der "Mobilität der Zukunft" stellen. Die Dokumentationen "betrifft: Gefährliche Abgase - der Kampf um saubere Luft" von Claus Hanischdörfer und "Nie wieder ausgebremst - Wege aus dem Pendlerstau" von Susanne Brand sind am Mittwoch, 29. November 2017, um 20:15 Uhr und 21 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen. Am 7. Dezember um 22 Uhr wird sich das SWR Wissenschaftsmagazin "odysso" mit dem Thema "Auto - Wende oder Ende" befassen, im Januar wird "Planet Wissen" das Thema mit Beiträgen zu "Dieselgate" weiterführen. Das Web-Special ist abrufbar unter www.swr.de/abgasalarm
Ergebnisse:
Die vollständigen Ergebnisse samt interaktiver Karte finden sich unter folgendem Link: www.swr.de/abgasalarm
Quelle: SWR - Südwestrundfunk (ots)