Ist Seesalz für die Niederschlagsbildung in den Tropen verantwortlich?
Archivmeldung vom 09.08.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWissenschaftlern ist es erstmals gelungen, Messungen von sogenannten Riesenwolkenkeimen zeitgleich mit hochaufgelösten Turbulenzmessungen durchzuführen. Es wird angenommen, dass diese mehrere Mikrometer großen Kondensationskeime die Entstehung von ebenfalls beobachteten sehr großen Wolkentropfen mit Durchmessern von bis zu 150 Mikrometern bedingen und somit eventuell den Niederschlagsprozess in Passatwindwolken erklären könnten. Das berichteten Forscher des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) auf der Internationalen Konferenz zu Wolken und Niederschlag (ICCP 2012).
Diese Keime bestehen aus Seesalz und könnten eine Ursache dafür sein, dass Wolken in den Tropen und Subtropen schneller regnen als bisher in numerischen Modellen beobachtet.
Durch ihre relative Größe bilden diese Riesenwolkenkeime schneller große Tropfen, die in der turbulenten Luftströmung einer Wolke schneller mit anderen Tropfen zusammenstoßen können bis sie zu Regentropfen herangewachsen sind. Vermutet wurde der Einfluss dieser bis zu 20 Mikrometer großen Partikel auf die Niederschlagsbildung bereits seit den 1950er Jahren. Die zeitgleiche Messung in der untersten Schicht der Atmosphäre über dem Ozean bei gleichzeitiger Beobachtung der sehr großen Wolkentropfen gelang den Wissenschaftler allerdings erst während einer Messkampagne 2010/11 auf Barbados mit Hilfe eines neuen Spezialinstrumentes, das auf einer hubschraubergetragenen Plattform eingesetzt und von dort in die Wolken getaucht wurde. Die Entdeckung könnte ein erster Schritt sein, eine der vielen Lücken in den Klimamodellen zu schließen, die momentan bei den Prozessen der Wolken- und Niederschlagsbildung immer noch existieren.
Die Partikel, die später zu Tropfen und Wolken heranwachsen, sind am Anfang so winzig, dass sie noch nicht mit bloßem Auge beobachtet werden können. Die Wissenschaftler nutzen daher optische Hilfsmittel. Ein Laser in einem so genannten Phasen-Doppler-Interferometer (PDI) ermöglicht es, auch Tröpfchen im Mikrometerbereich zu messen. Je nachdem wie stark die Partikel das Licht brechen, können die Wissenschaftler auf die Größe der Teilchen schließen. „So gelang es uns, die Riesenwolkenkeime zu entdecken. Seesalz geht bei einer Luftfeuchte von 80 Prozent in den gelösten Zustand über und wird erst wieder ab etwa 40 Prozent Luftfeuchte fest. Doch diese geringen Luftfeuchten kommen hier in den Tropen über dem Meer praktisch nicht vor. Daher können wir uns sicher sein, dass das Seesalz gelöst ist“, erklärt Tina Schmeißner vom IfT.
Barbados am Rand der Karibik wurde für die Untersuchungen ausgewählt, weil die Bedingungen optimal für diese Experimente sind. Bereits seit den 1960er Jahren laufen dort Langzeitsudien der University of Miami zusammen mit dem Caribbean Institute for Meteorology and Hydrology. Charakteristisch für Barbados sind die gleichmäßigen Passatwinde aus östlicher Richtung. Die Passatwindregion mit den typischerweise recht flachen “Schönwetterwolken” ist zunehmend in den Fokus der Wissenschaft geraten. Zahlreiche Messkampagnen in der näheren Vergangenheit belegen das große Interesse an dieser Region. Fragen wie diese Wolkentypen beispielsweise Niederschlag produzieren oder auf eine höhere Staubbelastung reagieren sind von zentralem Interesse für die Diskussion um die globale Klimaänderung. Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung hat daher für zwei je einmonatige Feldexperimente im Rahmen der CARRIBA-Initiative das hubschraubergestützte Messlabor ACTOS nach Barbados verlegt und dort insgesamt 30 Messflüge in Passatwindwolken durchgeführt. Auf Grund der sehr hohen räumlichen Auflösung der Messungen wurde ein bisher einmaliger Einblick in die Feinstruktur von Passatwindwolken erlangt. Unterstützt wurden die Hubschraubermessungen durch weitere bodengebundene Staub- und Aerosolmessungen und Systemen des Leipziger Instituts für Meteorologie zur Bestimmung von Strahlungseigenschaften der Wolken. Die zwei Messkampagnen im Rahmen von CARRIBA sind eingebettet in ein Langzeitmessprogramm des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie, um die Bedeutung der Beobachtungen beurteilen zu können.
Vom 30. Juli bis zum 3. August 2012 fand im Hörsaalgebäude der Universität Leipzig die 16. Internationalen Konferenz zu Wolken und Niederschlag (ICCP 2012) statt. Gastgeber waren das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) und das Leipziger Institut für Meteorologie (LIM) der Universität Leipzig. Die ICCP ist für Wolken- und Niederschlagsforscher die weltweit wichtigste und größte Konferenz. Teilgenommen haben rund 550 Teilnehmer aus 37 Ländern, die fast 650 verschiedene Beiträge präsentieren. Damit war die Leipziger Konferenz voraussichtlich die größte aller bisher veranstalteten Wolken- und Niederschlagskonferenzen.
Quelle: Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. (idw)