Rodung von Regenwäldern für Biokraftstoffe
Archivmeldung vom 23.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBiokraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gelten als umweltfreundlich und werden von der EU massiv gefördert. Doch in Brasilien wird für den Soja-Anbau für Treibstoff sogar Regenwald abgeholzt, schreibt das Technologiemagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe
Die Befreiung von Biotreibstoffen von der Mineralölsteuer hat
einen regelrechten Boom entfacht. Mittlerweile werden auf knapp zwölf
Prozent aller deutschen Äcker Energiepflanzen angebaut, vor allem
Raps und Getreide. Doch das soll erst der Anfang sein: Bis zum Jahr
2020 sollen 20 Prozent der konventionellen Kraftstoffe durch
alternative Kraftstoffe ersetzt werden, legt die EU-Kommission in
einem Grünbuch fest. Allein um die ab 2010 jährlich benötigten 22
Milliarden Liter Biokraftstoff für Europa zu liefern, müsste rund die
Hälfte der Fläche Deutschlands nur mit Energiepflanzen bestellt
werden.
Schon heute wird deshalb häufig auf Importe zurückgegriffen:
Täglich kommt in riesigen Frachtern billiges Palm- und Sojaöl aus
Südamerika, Malaysia und Indonesien nach Europa. Doch die
Biotreibstoff-Produktion reißt in den Lieferanten-Ländern riesige
Wunden ins Ökosystem. In Brasilien wird der Urwald mittlerweile
hauptsächlich für den Anbau von Sojabohnen abgeholzt. 15 Milliarden
Liter Ethanol produziert das Land jährlich
aus Zuckerrohr. Wenn Millionen Hektar Regenwald gerodet werden, dann
verliert der Vorteil der Kraftstoffe beim Klimaschutz jedes
Fundament.
Auch sonst fällt die Ökobilanz der Biotreibstoffe eher bescheiden
aus. Die Vorsilbe besagt nämlich nur, dass sie aus nachwachsenden
Rohstoffen erzeugt werden. Umweltverbände fragen mittlerweile, wie
viel Pflanzen-Kraftstoff die Erde verträgt. Denn Biokraftstoffe aus
Weizen, Zuckerrüben oder Kartoffeln stoßen mehr Schwefeldioxide aus
als Benzin. Davon abgesehen gedeihen sie in konventioneller
Landwirtschaft: mit Pflanzenschutzmitteln, mit Gülle und mit viel
Dünger. Seen und Teiche kippen, weil sie durch den Anbau mit
zusätzlichen Stickstoffverbindungen überladen werden. Beim Düngen der
Felder mit Stickstoff wird unter anderem Lachgas frei, ein viel
stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. US-Forscher kritisieren
zudem, dass die Herstellung von Biokraftstoffen aus Pflanzen mehr
Energie verschlingt, als diese am Ende freisetzen.
Quelle: Pressemitteilung Technology Review