Ein Fluss für "Neue Ufer" - Wasser marsch mit Umweltbildung
Archivmeldung vom 23.06.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin trister Autoparkplatz und eine Wiese - mehr hatte die Fläche hinter dem Leipziger Wohnblock an der Grassisstraße auf den ersten Blick nicht zu bieten. Durch Rohre verdeckt floss dort seit den 50er Jahren aber auch das Wasser des Pleißemühlgrabens.
Mit
finanzieller Hilfe der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) konnte
der Förderverein "Neue Ufer" in Kooperation mit der Stadt Leipzig nun
nicht nur weitere 135 Meter des Flusses aus der Wölbleitung befreien
und renaturieren: Die Vereinsmitglieder machten sich für
Umweltbildung und -Kommunikation stark. In die Projektplanung
schlossen sie Anwohner, Schüler und Studenten mit ein. Inmitten der
Stadt entstanden mit hoher Bürgerbeteiligung ein grüner
Flussabschnitt mit Fahrradwegen und ein Kinderspielplatz. "Wasser
marsch" hieß es dort heute: DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde
gab gemeinsam mit Leipzigs Oberbürgermeister Burghard Jung den
Flussabschnitt der Öffentlichkeit und den Kindern die Wasserpumpe
frei.
"Über 200 Schüler aus unterschiedlichen Schulen und zahlreiche
Studenten der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur
waren in Kursen und Arbeitsgruppen, Führungen und Wettbewerben aktiv
und kreativ daran beteiligt, die Pleißeöffnung zu planen und
durchzuführen", lobte Brickwedde. Dass sich der lange Atem über fast
sechs Jahre gelohnt habe, beweise eine Studie der Uni Leipzig: "Drei
Bürgerbefragungen haben gezeigt, dass die anfängliche Skepsis mancher
Anwohner inzwischen einer positiven Beurteilung gewichen ist",
betonte Brickwedde. Auch die im Projekt in Zusammenarbeit mit dem
Umweltforschungszentrum Halle/Leipzig entwickelte Ausstellung "Wasser
in Leipzig - Nutzen, Schützen und Erleben" habe einen wichtigen
Beitrag geleistet, um die Projektidee zu veranschaulichen und die
Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Brickwedde hob die
zahlreichen Beratungsforen und Informationsveranstaltungen für Bürger
und Anwohner hervor. Kontinuierlich habe der Förderverein auch im
Internet auf Veränderungen im Baugeschehen sowie auf einzelne
stadtökologischen Maßnahmen aufmerksam gemacht.
Damit aber nicht genug: Dass an vier Leipziger Gymnasien rund 120
Oberstufenschülern der Wahlgrundkurs "Nachhaltige Stadtentwicklung"
angeboten wurde, freute Brickwedde besonders. "Die Jugendlichen
konnten mit der Arbeit vor Ort ihre Urteilsfähigkeit stärken und
lernten, vorausschauend und vernetzt zu denken", betonte Brickwedde.
Fähigkeiten, die umweltbewusstes Handeln beflügeln könnten. Auf Kurs
blieben zumindest zwei Schulen auch nach Projektlende, meinte der
Vorstandsvorsitzende des Fördervereins, Niels Gormsen.
Dieses auch für andere Städte modellhafte Vorgehen der "gläsernen
Baustelle" habe maßgeblich den Lokalen Agenda-Prozess in Leipzig
unterstützt. "Ökologie, Ökonomie und Soziales - alle drei Dimensionen
einer nachhaltigen Entwicklung haben unsere Projektpartner
berücksichtigt", meinte Brickwedde. Nachhaltiges Engagement zeigt die
DBU in Leipzig seit ihrer Gründungszeit: Anfang der 90er Jahre hatte
die DBU schon eine Machbarkeitsstudie zur Pleißeöffnung gefördert. So
flossen rund 550.000 Euro in das Projekt. Insgesamt unterstützte die
DBU seit 1991 über 120 Vorhaben mit rund 25 Millionen Euro in der
ostdeutschen Stadt.
Der Pleißemühlgraben gehört seit je her zu Leipzig: Er entstand
etwa 930 von Menschenhand, um Mühlen mit Wasser anzutreiben. Seit dem
16. Jahrhundert versorgte der Wassergraben die Stadt über ein
Holzröhrensystem mit einem Gemisch aus Brunnen- und Pleißewasser. In
der Mitte des 19. Jahrhunderts mauerten Leipziger nach und nach das
Flussufer ein, sodass der Graben einen kanalartigen Charakter bekam.
Braune Schaumkronen auf dem Wasser und ein penetranter Phenolgestank
charakterisierten seit Ende der 30er Jahre den Pleißemühlgraben.
Anstatt aber nach den Ursachen der Wasserverschmutzung zu suchen,
entschied die damalige Stadtverwaltung kurzerhand, den Fluss
unterirdisch durch Rohre weiterzuleiten. Mit der Aktion "Pleiße ans
Licht" schafften es Bürger, die Revitalisierung des Grabens in der
städtischen Planung zu verankern.
Quelle: Pressemitteilung Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)