Zu Sexy für diese Welt - auch bei Fischen werden die besten Partner oft verschmäht
Archivmeldung vom 14.02.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtFür alle Männer, die am Valentinstag kein Date bekommen haben, gibt es nun einen Trost aus dem Tierreich. Zebrafischweibchen lassen sich auch nicht mit jedem ein, schon gar nicht immer mit den attraktivsten Partnern. Grundsätzlich bevorzugt die Zebrafischdamenwelt größere Fortpflanzungspartner. Das dubiose aber: Ausgerechnet die besonders langen Männchen, die hohes Sexappeal ausstrahlen sollten, werden bei der Partnerwahl links liegen gelassen.
Stattdessen favorisieren die Zebrafischdamen die zweitstattlichsten Liebhaber. Zu sexy zu sein, ist also gar nicht unbedingt von Vorteil. Die entsprechende Studie wurde am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und an der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt und ist in der Online Ausgabe des Fachjournals Environmental Biology of Fishes erschienen.
Schöne Augen, breite Schultern, Waschbrettbauch - das sind körperliche Eigenschaften, die die menschliche Damenwelt zu beeindrucken vermögen. Bei Zebrafischen (Danio rerio) ist die Größe des Männchens ein ausschlaggebendes Kriterium, nach dem die Weibchen entscheiden, ob oder wie engagiert sie sich zu einem Laichereignis hinreißen lassen. Ein Wissenschaftlerteam rund um die Doktorandin Silva Uusi-Heikkilä und den Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität fanden nun heraus, dass das Körpermaß der potentiellen Laichaktanwärter die Fortpflanzungsbereitschaft der Weibchen unerwartet stark beeinflusst. Ein umfangreicher Paarungsversuch mit 160 Pärchen unterschiedlicher Größenkombinationen zeigte, dass stattlichere Männchen von den Weibchen mehr Eier erhalten, und daraus nicht nur mehr, sondern auch größere, widerstandsfähigere Larven schlüpfen. Während bislang vorwiegend größenabhängige mütterliche Eigenschaften für den Fortpflanzungserfolg von diversen Fischarten untersucht wurden, zeigt die Studie an Zebrafischen erstmals den starken Einfluss der männlichen Köpergröße für den Fortpflanzungserfolg. „Size matters“ –nicht zu knapp und vor allem auch beim Männern, könnte man zunächst salopp konstatieren.
Den Erwartungen entsprechend bestätigte der Wedding Planner Versuch ferner, dass größere Zebrafischweibchen mehr Eier legen und die Larven mit größeren Dottersäcken ausstatten, als kleinere Artgenossinen. Der Dottersack dient den Fischbabys im Larvenstudium als wichtige Energieressource. Doch wenn es um die Fortpflanzung geht sitzen die Danio rerio Rogner (= Weibchen) aus einem anderen Grund eindeutig am längeren Hebel: Je nachdem wie gut oder schlecht ihnen ein Partner gefällt, bestimmen Sie erstens, ob sie Rogen abgeben, den der so genannte Milchner befruchten darf, zweitens wieviele Eier sie ablegen und drittens wie häufig solch ein Laichereignis stattfindet. In Anbetracht der guten Spermaqualität großer Männchen, scheint es zunächst plausibel, dass die Zebrafischweibchen großen Geschlechtspartnern den Vorzug geben. Verwunderlich war im Versuch der Berliner Fischbiologen jedoch, dass die Damen sehr große Milchner, welche die besten Voraussetzungen für eine gelingende Brut mitbringen, serienmäßig abblitzen ließen. Dies ist evolutionsbiologisch ein seltsamer Befund, sollten doch die attraktivsten, d.h. die größten Freier auch deutlich mehr Eier von den Weibchen erhalten. Es ist also für die Männchen nachteilig, „zu sexy“ zu sein. Anders ausgedrückt: Zwar ist das Body Maß wichtig, um grundsätzlich für Weibchen attraktiv zu sein, aber zu groß sollten die Laichpartner dann bitte schön auch nicht ausfallen.
Über den dahinterliegenden Mechanismus geben bisher unpublizierte Daten Auskunft: Die Zebrafischrogner werden von allzu hünenhaften Männchen ständig bedrängt und beworben, wohl weil die Männchen um ihre Attraktivität wissen und ständig zur Paarung rufen. Durch das ständige Werben steigt der Stresslevel der Weibchen, was ihre Fortpflanzungswilligkeit und die Menge abgelegter Eier substantiell reduziert. Das wiederum ist mit Fitness Nachteilen für die großen Männchen verbunden, da sie ihre eigentlich hohe Spermaqualität aufgrund begrenzter Eimengen nicht voll ausnutzen können. Inwiefern diese Aspekte auch das natürlich Fortpflanzungsverhalten und die sexuell motivierte Selektion in der Natur beeinflussen ist bisher nicht bekannt. Die Versuche fanden in Monogamie im Labor statt, von Gruppenleben wie in der Natur der Fall keine Spur. Möglicherweise hat das die Ergebnisse beeinflusst.
Für den Menschen hat die Erkenntnis zur Verbindung von Körpergröße, Fruchtbarkeit und Attraktivitätsgrad zunächst keine Bewandtnis. Allerdings ist auch bei Homo sapiens bekannt, dass eine zu vorteilhafte Ausstattung mit sexuell anziehenden Reizen kontraproduktiv sein kann. Wer traut sich schon, die oder den Dorfschönsten ungeniert anzusprechen. Ungeachtet dessen können die Ergebnisse allen unglücklichen Singles als Trost dienen: Auch bei den Zebrafischen werden die besonders attraktiven Partner manchmal ignoriert. Es zählen offenbar auch eine gute Verhaltensknigge, und beim Menschen mit Sicherheit auch die Persönlichkeit.
Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)