Forschende rufen zum Schutz wandernder Huftiere in der Mongolischen Steppe auf
Archivmeldung vom 03.06.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIn einem gemeinsamen Aufruf machen mongolische und internationale WissenschafterInnen, darunter Forschende der Vetmeduni Vienna, auf die mögliche Bedrohung der Steppen in der südlichen Mongolei aufmerksam. In dem Gobi-Steppenökosystem leben große Herden wandernder Huftiere, allen voran asiatische Wildesel und Mongolische Gazellen. Ihre Weidegründe werden bereits heute durch bestehende Bahnstrecken und Zäune teilweise begrenzt. Es droht eine weitere Zerschneidung durch neue Verkehrswege. Die AutorInnen empfehlen in ihrer Publikation in der Zeitschrift Conservation Biology, die voranschreitende Infrastrukturentwicklung mit den Bedürfnissen wandernder Arten in Einklang zu bringen.
In den letzten Jahren hat die Mongolei einen rasanten Wirtschaftsboom erlebt, der vor allem auf den Rohstoffreichtum des Landes zurückgeht. Für die Erschließung und den Abtransport dieser Rohstoffe werden zunehmend Straßen und Bahnstrecken geplant und gebaut. Diese neuen Verkehrswege drohen, ohne entsprechende Planung, die Wanderwege von Wildeseln, Gazellen und anderen Arten zu zerschneiden.
Wildesel und Gazellen sind ständig auf Achse
Das Gobi-Steppenökosystem ist weltweit für seine wandernden Huftiere bekannt. Diese legen auf ihrer ständigen Suche nach günstigen Weidebedingungen riesige Distanzen zurück. WissenschafterInnen am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben unter anderem gezeigt, dass Wildesel im Gobi-Steppenökosystem in einem Jahr auf einer Fläche von bis zu 70.000 km2 umherstreifen. „Da Niederschläge im Gobi-Steppensystem nur sporadisch und oft auch sehr lokal fallen, ist die Weide lückenhaft. Die besten Weidegründe sind für die Tiere daher schlecht vorherzusehen. Wildesel und Gazellen müssen ständig auf Achse sein, um genug Futter und Wasser zu finden“, erklärt Autorin Petra Kaczensky von der Vetmeduni Vienna.
Wanderschaft mit Hindernissen
Obwohl es in der Mongolei noch große Landstriche ursprünglichen Charakters gibt, treffen wandernde Huftiere inzwischen auf Hindernisse. Bis vor kurzem waren dies vor allem die Zäune entlang der internationalen Grenzen zu Russland und China und der trans-mongolischen Eisenbahn. Der Zaun entlang dieser Bahnstrecke stellt inzwischen die östliche Verbreitungsgrenze des Wildesels dar. Westlich der Bahnstrecke ist der Wildesel bereits ausgestorben. Auch für Gazellen stellt der Zaun eine massive Barriere dar, Im Gegensatz zum Wildesel versuchen Gazellen, gerade in Notzeiten, immer wieder den Zaun zu queren, bleiben dabei jedoch oft hängen oder müssen umdrehen.
Raumplanung auf Landschaftsebene
Eine Änderung des Zaundesigns und das Entfernen des Zauns in Gebieten mit geringer Viehdichte kann bestehende Barrieren entschärfen. „Wir raten zu einem Planungsprozess, der die negativen Einflüsse der Wirtschaftsentwicklung auf das Ökosystem mindert. So sollten neue Bahnlinien entlang bereits bestehender Verkehrsadern geführt werden statt durch bisher unzerschnittene Gebiete. Beim Neubau sollten notwendige strukturelle Ausgleichsmaßnahmen wie Grünbrücken eingeplant werden. Bei bestehenden Barrieren sollte nachgerüstet werden“, sagt Autor und Initiator des gemeinsamen Aufrufs Kirk Olson von Fauna & Flora International, einer weltweit tätigen Naturschutzorganisation mit Sitz in Großbritannien.
Der mongolische Autor Nyamsuren Batsaikhaan von der Nationaluniversität der Mongolei ergänzt: „Raumplanung muss großräumig, also auf Landschaftsebene passieren, denn nur so kann man dem riesigen Raumanspruch der wandernden Arten gerecht werden.“
Wissenschaft muss Politik informieren
Seit Jahren betreibt das AutorInnenteam Forschung zu Raumbedarf und Bewegungsmustern der Wildtiere im Gobi-Steppenökosystem der Südmongolei. Dabei wird es immer wichtiger, Konflikte zwischen Naturschutz und dringend benötigter Wirtschaftsentwicklung aufzuzeigen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. „Die Wissenschaft kann und sollte in Planungsprozessen eine Rolle spielen“, resümiert Autor Chris Walzer von der Vetmeduni Vienna. „Universitäten sind auch dafür verantwortlich, Brücken zwischen Wissenschaft und Politik zu bauen“, betont Walzer und fügt hinzu: „Wenn wir es nicht schaffen unsere Ergebnisse in praktische Empfehlungen für den Naturschutz zu übersetzen, haben wir unseren Bildungsauftrag verfehlt.“ Die AutorInnen arbeiten am Erhalt des einmaligen Naturerbes in der südlichen Mongolei. Die Tierwanderungen im Gobi-Steppenökosystem sollen für zukünftige Generationen erhalten bleiben.
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien (idw)