Lässt sich der wirtschaftliche Wert der Artenvielfalt errechnen?
Archivmeldung vom 26.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ökonomische Nutzen eines heimischen Blaukehlchens liegt bei 154 Euro. Naturbelassene Mangrovenwälder in Thailand erwirtschaften 2100 Euro pro Jahr. Die natürlichen "Dienstleistungen" der gesamten Biosphäre, etwa für die Erzeugung sauberer Luft und Bestäubung von Blüten, beträgt 33 Billionen Dollar pro Jahr.
Mit solchen, durchaus umstrittenen, Rechnungen versuchen ökologische Ökonomen den Wert der Natur und der Artenvielfalt zu ermitteln - um beide besser zu schützen: Denn nur was einen Wert hat, so die Überlegung, wird auch als wertvoll bewahrt.
Wie das Magazin GEO in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, wird den neuen ökonomischen Ansätzen auf der UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt erstmals breite Aufmerksamkeit geschenkt: Experten präsentieren eine ehrgeizige Studie, auf welche Summe sich die Schäden durch das ungebremste Artensterben summieren. Die Konferenz findet ab dem 19. Mai in Bonn statt, mehr als 5000 Teilnehmer aus 190 Ländern werden erwartet.
Bislang behandeln ökonomische Bilanzen die Natur als eine Art Gratisgeschenk, das entsprechend achtlos verbraucht wird. Mit kreativen Ansätzen, die GEO in der Mai-Ausgabe vorstellt, versuchen die Ökonomen nun, etwa die "Ökosystemdienstleistungen" von Biotopen zu errechnen, den Wert von Pflanzenarten für die Arzneiherstellung oder den Nutzen des Naturschutzes.
Sie kommen auf gewaltige Beträge: Allein durch die ungehemmte Umwandlung von Biotopen mindert die Menschheit die Wertschöpfung der Natur pro Jahr um 250 Milliarden Dollar. So hat es ein Forscherteam der Uni Cambridge ermittelt. Im Gegenzug ließen sich mit 25 Milliarden Euro jährlich rund 15 Prozent der weltweiten Landfläche naturbelassen schützen - gewissermaßen als unverzichtbares Rückgrat, um den Öko-Kollaps zu vermeiden.
Mit ihrem Anliegen stoßen die Forscher sowohl traditionelle Ökologen wie Ökonomen vor den Kopf: Die einen wollen dem unendlich wertvollen Gut der Natur kein Preisschild umhängen, die anderen halten den Versuch, die Natur exakt zu berechnen, für aussichtslos.
Dennoch beginnt die Politik aufzuhorchen: Denn Vorhaben wie der Handel mit CO2-Zertifikaten oder die "Biodiversitätskredite" zum Schutz des Regenwalds bedürfen plausibler ökonomischer Kriterien. Auch aus diesem Grund wurde die Studie zum ökonomischen Schaden durch das Artensterben von den Umweltministern der G8+5-Staaten in Auftrag gegeben.
Quelle: GEO