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Öl statt Klimaschutz? Ecuador will den Regenwald versteigern

Archivmeldung vom 06.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Landkarte zur XI. Runde über Erdöl und indigene Territorien. Bild: "obs/Stiftung AMAZONICA"
Landkarte zur XI. Runde über Erdöl und indigene Territorien. Bild: "obs/Stiftung AMAZONICA"

Der Yasuní-Nationalpark in Ecuador und das ITT-Projekt haben in den letzten Jahren weltweit für heftige Diskussionen gesorgt. Schließlich galt es, ein winziges Stück des Regenwaldes für die Welt zu retten. Jetzt will die ecuadorianische Regierung in der "XI RONDA PETROLERA Y TERRITORIOS INDÍGENAS" (11. Runde über Erdöl und indigene Territorien) insgesamt 21 Lizenzgebiete im Regenwald an Ölgesellschaften versteigern.

Dies kommt einem Exodus gleich, denn das Gebiet ist mehr als zehnmal so groß wie das ITT-Gebiet und wird von annähernd 100.000 Waldindianern bewohnt, die ihren Wald schützen und erhalten wollen. Das Land ist sieben indigenen Völkern nicht nur Heimat, sondern auch rechtmäßiges Eigentum, mit vom Staat anerkannten Landtiteln. Die ersten sieben Lizenzgebiete, die schon in diesem Jahr zur Versteigerung anstehen, liegen quer über den Primärwald allererster Güte verteilt. Sie zu erschließen, kommt bereits einer Zerstörung des gesamten Waldgebietes gleich. Vor allem chinesische Gesellschaften können die begehrten Bohrlizenzen beanspruchen, denn China hat Ecuador großzügige Kredite gewährt und soll als Gegenleistung 52 Prozent des ecuadorianischen Erdöls erhalten. Nimmt Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa die finale Katastrophe für das letzte intakte Waldökosystem der Erde in Kauf, um Devisen in sein Land zu bringen?

Der Schutz des Regenwaldes ist weltweit allen Menschen ein großes Anliegen, die um dessen Bedeutung für das Leben auf der Erde wissen. Im Amazonasbecken wird annähernd ein Drittel der weltweiten Süßwasserreserven gehalten und erneuert. Neben dem Weltwasserhaushalt stabilisiert der intakte tropische Regenwald auch unser Klima. Einen weitreichenden Schutz des Waldökosystems konnte das ITT-Projekt nicht bieten. Lediglich ein Waldgebiet von 179 451 Hektar hätte Ecuador für die erhofften Zahlungen der internationalen Gemeinschaft davor bewahrt, den Interessen der Ölindustrie zum Opfer zu fallen. Nach dem vorläufigen Scheitern des Projektes hat nun die ecuadorianische Regierung beschlossen, gewaltige Flächen des Regenwaldes für die Ölförderung frei zu geben. 2012 beginnt die Versteigerung von 2.927.513 Hektar intakten Regenwaldes an Ölgesellschaften aus aller Welt.

Große Teile des Yasuní-Nationalparks in Ecuador sind schon seit vielen Jahren an internationale Ölgesellschaften vergeben worden. Ausnahmen bilden nur die "Unberührbare Zone", der geschützte Lebensraum von einigen Familienclans indigener Waldbewohner, und das ausgewiesene Fördergebiet im äußersten Osten, das noch nicht versteigert wurde. Dieser östliche Waldzipfel ist weltweit als das "ITT-Gebiet" bekannt. Das Kürzel ITT steht für die durch Prospektion ausfindig gemachten Bohrstellen "Ishpingo", "Tambococha" und "Tiputini".

Unter dem Slogan "Let the oil in the soil" ("Lasst das Öl in der Erde") warb Präsident Rafael Correa um internationale Unterstützung. Er versprach, das Gebiet gegen die Zahlung von Milliarden Euro vor dem Zugriff der Ölgesellschaften zu schützen. Zugleich aber wies die Regierung bereits 2009 neue Ölfördergebiete in den benachbarten Provinzen Pastaza und Morona Santiago für die nächsten Versteigerungsrunden aus. Sie sind 10,5-mal größer als der ITT- Block. Diese Waldregion bildet gemeinsam mit dem Nationalpark ein wesentliches Quellgebiet für den Amazonasstrom und sie birgt dieselbe weltweit einmalige Artenvielfalt, wie im hoch gelobten ITT- Block. Nach einer Verfassungsänderung im Jahre 2000 allerdings gehört den Ureinwohnern des Regenwaldes ihr Land nur noch inklusive der landwirtschaftlich nutzbaren Bodentiefe. Alles darunter ist Staatsbesitz. Faktisch müssen die Ölgesellschaften daher über das Land der Indianer zu ihren Fördergebieten vordringen.

Die indigenen Völker indes wissen um die Bedrohung ihres Waldes durch Straßen und Pipeline-Trassen. Sie haben im Norden Ecuadors gesehen, dass der Einzug von Ölförder-gesellschaften in Waldgebiete zu deren Zerstörung geführt hat. Die Bewohner des Regenwaldes wollen ihr Leben im Einklang mit der Natur weiterführen und den Regen-wald nicht nur für die eigenen nachfolgenden Generationen, sondern für alle Lebewesen unserer Erde bewahren. Vehement verweigern die Waldindianer sich den Plänen der Regierung und hoffen auf internationale Unterstützung, um den geplanten Ausverkauf des Regenwaldes und ihren eigenen Untergang verhindern zu können, ehe es endgültig zu spät ist.

Wichtige Zahlen im Überblick

Landflächen in Hektar (ha) und prozentuale Verhältnisse

Nationalpark Yasuní 982.000 ha ITT-Gebiet 179.451 ha

Erweiterte Fördergebiete (XI RONDA) inkl. dem erweiterten, schon aktiven Block 10, in 2012 zur Versteigerung angeboten 2.927.513 ha

Verhältnis ITT : neue Gebiete = 1 : 10,5

Anteil anerkannter indigener Territorien: 83,33% betroffen sind 7 indigene Völker und Teile des Nationalparks Yasuní

Informationsquellen: SIGAGRO, Archiv der indigenen Völker Amazoniens, Erdöl-Kataster des Staates Ecuador, www.ecuadorinmediato.com, www.oilproduction.net; http://womblog.de

Quelle: Stiftung AMAZONICA (ots)

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