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Hand in Hand für eine nachhaltige Angelfischerei

Archivmeldung vom 06.05.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Fischbesatz
Quelle: Foto: IGB (idw)
Fischbesatz Quelle: Foto: IGB (idw)

Die Ergebnisse aus fünf Jahren praxisorientierter Forschung zu Fischbesatz und seinen Alternativen sind Inhalt eines kürzlich in der Schriftenreihe „Berichte des IGB“ erschienenen Buches mit dem Titel „Hand in Hand für eine nachhaltige Angelfischerei“.

In transdisziplinärer Zusammenarbeit mit 18 Angelvereinen und zwei niedersächsischen Angelverbänden wurden in einem völlig neuartigen Forschungsansatz, der auf Integration von Praxiswissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen rund um die fischereiliche Hege ausgelegt war, Empfehlungen für das praktische Fischereimanagement erarbeitet. In dem 200-seitigen Buch wird unter anderem ausgeführt, dass eine nachhaltige Angelfischerei Nutzung und Schutz von Fischen und Gewässern vereint. Insbesondere beim Umgang mit der ambivalenten Managementpraxis Fischbesatz gibt es jedoch Verbesserungspotenziale.

Mit Fischbesatz ist das einmalige oder wiederholte Einsetzen von gezüchteten oder in der Natur gefangenen Fischen in befischte Gewässer gemeint. Dies ist eine gängige Bewirtschaftungspraxis in Angelvereinen, die unter anderem durch regelmäßigen Besatz ihrer Hegeverpflichtung nachkommen. Fischbesatz muss jedoch nicht zwangsläufig erfolgreich sein und zur Bestandssteigerung beitragen. Überdies gibt es einige relevante ökologische und ökonomische Risiken und Nebenwirkungen, die mit nicht fachgerecht durchgeführtem Besatz einher gehen können. In dem Projekt Besatzfisch hat ein Team von Nachwuchswissenschaftlern vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Robert Arlinghaus erstmals den Fischbesatz in der hiesigen Angelfischerei aus einer disziplinübergreifenden Perspektive untersucht. Das Besondere an dem Projekt war, dass die Fischereiforscherinnen und -forscher die Angelvereine als lokale Experten und wichtige Gewässerpfleger aktiv in die Forschungsarbeiten einbezogen haben. Durch wurde ein gemeinsames Lernen im Sinne einer nachhaltigen Angelfischerei ermöglicht.

„Unser übergeordnetes Ziel war es, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur am Beispiel der angelfischereilichen Nutzung von Gewässern zu untersuchen. Als zentrales Nachhaltigkeitsthema haben wir die Rolle und Bedeutung von Fischbesatz untersucht. Dabei wurde stets der Ansatz verfolgt, dass Forschung für Nachhaltigkeit unbedingt auch Forschung in der Praxis für die Praxis sein sollte“, so Robert Arlinghaus, Leiter des Forschungsteams und Professor für Integratives Fischereimanagement an der Humboldt Universität zu Berlin.

Forschungsergebnisse in sechs Kapiteln

Erstes Kapitel: Fischbesatz und Fischbiodiversität in der deutschen Angelfischerei

Dieses Kapitel beschreibt erstmals den Ist-Zustand zum Fischbesatz in Deutschland und gibt eine Übersicht zur biologischen und genetischen Vielfalt ausgewählter fischereilich relevanter Raubfischarten.

Zweites Kapitel: Die sozial-psychologische und sozial-ökologische Seite von Fischbesatz

Die Erwartungen und Bedürfnisse der Angler sowie die Beweggründe und das Verhalten der Entscheidungsträger in Angelvereinen im Kontext der Hege und Pflege werden anhand von schriftlichen Befragungen unter mehr als 2.000 Gewässerwarten in ganz Deutschland und mehreren Tausend Anglern in 17 niedersächsischen Angelvereinen beleuchtet.

Drittes Kapitel: Fischereilicher Besatzerfolg in Abhängigkeit von natürlicher Rekrutierung, Satzfischgröße und Besatzmenge

Am Beispiel der beiden fischereilich relevanten Fischarten Karpfen und Hecht wurde in anglerisch gehegten Baggerseen untersucht, unter welchen ökologischen Bedingungen Besatz zur Bestandssteigerung beiträgt. Die Ergebnisse haben Ausstrahlungskraft über die Modellarten hinaus und gelten für viele weitere Fischarten.

Viertes Kapitel: Lernen für nachhaltigen Fischbesatz

In diesem Kapitel geht es um die Entwicklung und Evaluierung von Methoden zur Vermittlung fischereibiologischer Ergebnisse an Angelvereine und ihre Entscheidungsträger, z. B. im Rahmen der Gewässerwarteschulungen.

Fünftes Kapitel: Synthese: Empfehlungen für ein nachhaltiges Management in der Angelfischerei

Hier werden das gesammelte sozial-ökologische Wissen aus dem Projekt und weitere wissenschaftliche Literatur zum Fischbesatz und seinen Alternativen wie Entnahmefenstern zu ganz konkreten Hegeempfehlungen verdichtet. Entscheidungsbäume für Gewässerwarte und andere Entscheidungsträger werden herausgearbeitet und anschaulich präsentiert.

Sechstes Kapitel: Fazit und Hoffnung: Transformation der Fischbesatzpraxis in Deutschland

Das Buch schließt mit der Empfehlung, zukünftig fischereilich oder naturschutzfachlich notwendige Besatzmaßnahmen zu identifizieren und zu optimieren und für die Biodiversität besonders risikobehaftete Besatzmaßnahmepraktiken einzustellen und durch Alternativen zu ersetzen.

Robert Arlinghaus fasst eine Kernerkenntnis der Forscher in zwei Sätzen zusammen: „Nur wenn die Reproduktion der Fische stark eingeschränkt ist, oder sogar fehlt und diese nicht kurzfristig über die Revitalisierung der Habitate gesteigert werden kann, ist Fischbesatz die Hegemethode der Wahl. In allen anderen Fällen ist eine Regulierung der Befischung oder die Aufwertung der Lebensräume fischereilich gesehen erfolgversprechender und sozial und wirtschaftlich zu bevorzugen“.

Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)

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