NABU: Ursachenforschung zur Vogelgrippe darf nicht in Sackgasse geraten
Archivmeldung vom 10.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Naturschutzbund NABU hat davor gewarnt, sich bei der Bekämpfung der Vogelgrippe ausschließlich auf Wildvögel zu konzentrieren. "Die Ursachenforschung zur Ausbreitung der Geflügelpest darf nicht in eine Sackgasse geraten", sagte NABU-Vogelschutzexperte Markus Nipkow.
In der Bevölkerung würden
Zugvögel noch immer und zu Unrecht als Gefahrenquelle Nummer Eins
wahrgenommen. Der NABU beobachtet die dadurch um sich greifenden
Reaktionen vieler Menschen zu Lasten der Vögel mit großer Sorge. So
sind in Berlin bereits Anträge auf Entfernung von
Mehlschwalbennestern gestellt worden. Auch in Gärten werden
mancherorts Nistmöglichkeiten gezielt beseitigt und Kinder davor
gewarnt, Vögeln generell zu nahe zu kommen.
Die aktuelle Entwicklung zeigt aber, dass die Zahl der Infektionen
bei Wildvögeln auf sehr niedrigem Niveau verbleibt. Die Anzahl
nachgewiesener Fälle der gefährlichen H5N1-Viren wächst nur langsam.
Drei Wochen nach bekannt werden der Krankheit rund um die Insel Rügen
sind den Viren bundesweit nur etwa 150 Vögel zum Opfer gefallen.
Trotz einzelner Nachweise aus weiteren Regionen Deutschlands klingt
die Ausbreitung unter Wildvögeln bereits merklich ab. Für die 180 bis
200 Millionen in Deutschland lebenden Vögel hat sich die Seuche damit
bisher zu keinem ernsthaften Problem entwickelt. Auch in Asien und
Südosteuropa hatte die Seuche unter Wildvögeln nur punktuell und nur
für kurze Zeit um sich gegriffen.
Vor diesem Hintergrund weist der NABU auf eine andere
Gefahrenquelle für die Ausbreitung der Seuche hin: Abfall und
verseuchte Produkte der Geflügelindustrie. "Aktuelle Hinweise über
gängige Praktiken im weltweiten Handel mit Geflügelprodukten und
-abfällen geben alarmierende Signale, wo tatsächlich massive Risiken
bestehen könnten", betonte Nipkow. So sei bekannt geworden, dass
Massentierhaltungen in China ihr Fäkalien-Entsorgungsproblem vielfach
dadurch lösten, dass sie den Kot als Dünger in der
Fischereiwirtschaft, aber auch in der Landwirtschaft verkaufen. Dabei
sei noch unklar, auf welchen Wegen und in welchem Umfang dieser
Handel zwischen asiatischen Ländern und auch in Europa stattfinde.
"Es wäre fatal, wenn zur Bekämpfung der Geflügelpest nun Maßnahmen
ergriffen werden, die der weiteren Industrialisierung der
Geflügelhaltung auf der ganzen Welt Vorschub leisten", so Nipkow.
Quelle: Pressemitteilung NABU