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Klima steuert globale Artenvielfalt

Archivmeldung vom 20.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Weltkarte der pflanzlichen Artenvielfalt (c) Nees-Institut der Universität Bonn
Weltkarte der pflanzlichen Artenvielfalt (c) Nees-Institut der Universität Bonn

Je mehr Wärme und Wasser, desto größer die Artenvielfalt: Auf diese Faustformel lässt sich das Ergebnis einer Studie bringen, die jetzt im renommierten Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen ist (PNAS Early Edition, 19.3.07, doi 10.1073). Wissenschaftler der Universität Bonn und der University of California San Diego haben darin erstmalig die weltweite Artenvielfalt von Pflanzen mit lokalen Klima- und Umweltfaktoren in Zusammenhang gesetzt.

 In den roten Gebieten wird die Artenvielfalt hauptsächlich durch die Temperatur gesteuert, in den blauen Region hängt sie vor allem mit der Verfügbarkeit von Wasser zusammen. (c) Nees-Institut der Universität Bonn
In den roten Gebieten wird die Artenvielfalt hauptsächlich durch die Temperatur gesteuert, in den blauen Region hängt sie vor allem mit der Verfügbarkeit von Wasser zusammen. (c) Nees-Institut der Universität Bonn

Botaniker kennen heute rund 300.000 Pflanzenarten. Die Menschheit hängt unmittelbar von ihnen ab: Sie liefern Nahrung, Kleidung, Medizin, regulieren das Klima und den Wasserhaushalt. Pflanzen sind aber nicht gleichmäßig über die Erde verteilt: In der gesamten Bundesrepublik kommen gerade mal 2.700 verschiedene Arten vor; im Tieflandregenwald von Borneo sind es dagegen fast viermal soviel. Holger Kreft vom Bonner Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen und sein US-Kollege Walter Jetz haben diese Unterschiede nun erstmalig mit geografischen und klimatischen Faktoren in Beziehung gesetzt. Mehr als 1.000 unterschiedliche Regionen weltweit gingen in die Studie ein. Als wesentlich für die Artenvielfalt kristallisierten sich vor allem Niederschlag, Temperatur, Topographie sowie historische Einflüsse heraus. 70 Prozent der Unterschiede in der Artenvielfalt ließen sich allein mit diesen Faktoren erklären.

"Das Klima ist dabei besonders wichtig: In den meisten Regionen ist vor allem die Verfügbarkeit von Wasser für die pflanzliche Biodiversität ausschlaggebend", erläutert Holger Kreft. Wichtig ist diese Erkenntnis gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte: "Durch den Klimawandel werden weltweit viele Regionen deutlich trockener - hier könnte die Artenvielfalt stark abnehmen. Dies gilt vor allem für tropische und subtropische Gebiete, die ja den größten Teil der globalen biologischen Vielfalt beherbergen."

Ein weiterer Faktor für die Artenvielfalt ist die verfügbare Wärmeenergie, gemessen als "potenzielle Evapotranspiration". Vereinfacht gesagt: Je höher die Temperatur, desto höher die Artenvielfalt. Allerdings gilt diese Aussage nur mit einer wichtigen Einschränkung: "Einen positiven Zusammenhang zwischen Temperatur und Artenvielfalt finden wir nur unterhalb einer bestimmten Durchschnittstemperatur, die fast ausschließlich in den höheren Breiten unterschritten wird", betont der in San Diego lebende Ko-Autor der Studie, Walter Jetz.

"Leider sind wir Botaniker weit davon entfernt, die Verbreitung jeder einzelnen Pflanzenart auf dem Globus zu kennen. Mit Hilfe dieses Modells können wir die Artenzahlen in bislang unerforschten Gebieten abschätzen", resümiert der Direktor des Nees-Instituts Professor Dr. Wilhelm Barthlott. "Nur wenn wir die heutige Verteilung der Artenvielfalt verstehen, können wir auch verlässliche Prognosen über zukünftige Veränderungen machen."

Vor Rätsel stellt die Forscher die in weiten Teilen relativ trockene Kapregion Südafrikas. Das heutige Klima scheint hier nicht die entscheidende Rolle zu spielen. Schon seit vielen Botaniker-Generationen ist die Kapregion für ihre außerordentliche Artenvielfalt berühmt. "Auch wir finden dort doppelt so viele Pflanzen, wie wir nach unserem Modell erwarten würden", sagt Holger Kreft. Über die Gründe sind sich Biologen bis heute uneinig: Die Erklärungsansätze reichen von einem besonders stabilen Klima bis hin zum genauen Gegenteil, also wiederkehrenden klimatischen Schwankungen. Vielleicht ist aber auch einfach die besondere Lage Südafrikas zwischen einer kalten Meeresströmung im Westen und einer warmen im Osten Schuld: Dies führt zu einem extrem starken Wechsel der Umweltbedingungen und damit zu vielen unterschiedlichen Lebensbedingungen auf engstem Raum.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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