Hessischer Waldschadensbericht: Zustand leicht verbessert aber weiterhin bedenklich
Archivmeldung vom 08.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Der hessische Wald ist noch immer ein notleidender Patient, auch wenn sich sein Zustand leicht verbessert hat", kommentiert die forstpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ursula Hammann, die gestern veröffentlichte Presseerklärung zum Waldschadensbericht.
"Und die Politik der geshäftsführender Landesregierung hat hierzu keinen Beitrag geleistet."
Die Verbesserungen seien ausschließlich den optimalen klimatischen Bedingungen in diesem Jahr und einer gesunkenen Schädlingspopulation zu verdanken. Eine verfehlte Forstpolitik führe weiterhin dazu, dass zu wenig Personal für die Pflege und Gesunderhaltung des Waldes zur Verfügung stehe. "Holzhacken statt Waldpflege" sei das Motto der Landesregierung.
"Die Landesregierung doktert weiterhin an den Symptomen herum, statt sich um die Ursachen zu kümmern. Dem Wald hilft nur eine konsequente Klimaschutzpolitik weiter und eine konsequente Vermeidung von Schadstoffen. Vor allem in der Verkehrspolitik muss umgesteuert werden, Busse und Bahnen müssen Vorfahrt erhalten. Die Politik der Landesregierung führt hingegen dazu, dass das Rhein-Main-Gebiet schneller wald- als staufrei sein wird. Zudem müssen die erneuerbaren Energien stärker gefördert und die Blockade der Windenergie aufgegeben werden, um Kohlendioxid zu vermindern", so Hammann.
Presseerklärung zum Waldschadensbericht
Forstminister Wilhelm Dietzel stellt 25. Waldzustandsbericht vor
„Der Gesundheitszustand des hessischen Waldes hat sich erfreulicherweise deutlich verbessert. Die mittlere Kronenverlichtung ist um 5 Prozent-Punkte auf 21 Prozent gesunken. Ein positiver Trend, der sich weitestgehend bei allen Baumarten und Altersklassen zeigt“, erklärte heute der hessische Umwelt- und Forstminister, Wilhelm Dietzel, bei der Vorstellung des 25. Waldzustandsberichts im Hessischen Forstamt Bad Schwalbach. Bessere Rahmenbedingungen, wie weniger Insektenfraß, geringe Fruktifikation (Fruchtbildung) und eine günstigere Wasserhaushaltssituation, sowie das Abklingen der Aus- und Nachwirkungen des Trockenjahres 2003 haben zu diesem positiven Ergebnis geführt.
Wie in den vergangenen Jahren wurde für den Waldzustandsbericht im Juli und August der Kronenzustand an etwa 5.500 Bäumen von erfahrenen Fachleuten erfasst. Hierbei handelt es sich um eine Stichprobenaufnahme, die auf einem acht Mal acht Kilometer großen Raster durchgeführt wird. Der Aufnahmeumfang ermöglicht repräsentative Aussagen zum Zustand des Waldes auf Landesebene sowie für die hessischen Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte und Kiefer.
Durch die überdurchschnittlichen Niederschläge im letzten Jahr wurde der Wasserspeicher der Böden im Herbst und Winter (2007/2008) vielerorts gut aufgefüllt. In Verbindung mit einem feuchten Frühjahr 2008 ergab sich so für die meisten Wälder eine günstige Ausgangssituation zu Beginn der Vegetationsperiode. „Eine deutlicher Rückgang fruktifizierender Buchen, 2007 fruktifizierten noch 51 Prozent der älteren Buchen (2008: 7 Prozent), trug dazu bei, dass sich die mittlere Kronenverlichtung der älteren Buche (über 60 Jahre) um 8 Prozent-Punkte sprunghaft verringert hat“, erläuterte der Minister einen weiteren Faktor für das Zustandeskommen des günstigen Ergebnisses. Der erneute deutliche Rückgang der Insektenfraßschäden an der älteren Eiche, hat sich auf deren Kronenzustand ebenfalls positiv ausgewirkt.
„Das Gesamtergebnis der diesjährigen Zustandserfassung ist zudem ein Hinweis darauf, dass die Nach- und Auswirkungen des Trockenjahres 2003 überwunden sein dürften“, führte Minister Dietzel weiter aus. In Folge des Trockenjahres 2003 zeigte sich über mehrere Jahre eine erhöhte Kronenverlichtung und Absterberate der Bäume. In diesem Jahr erreicht die mittlere Kronenverlichtung (alle Baumarten und Alter) erstmals wieder das Niveau des Jahres 2003 (21 Prozent). Bei den jüngeren Bäumen (bis 60 Jahre) wird mit 9 Prozent mittlerer Kronenverlichtung das beste Ergebnis seit über 15 Jahren erreicht.
Die diesjährige Absterberate über alle Baumarten und Alter liegt bei 0,4 Prozent und damit auf einem insgesamt niedrigen Niveau. Die jährliche Absterberate ist unter anderem ein Hinweis für Vitalitätsrisiken des Waldes und war sowohl nach den Sturmwürfen zu Beginn der 90er Jahre als auch nach dem Trockenjahr 2003 für einige Jahre erhöht. Hervorzuheben ist die besonders niedrige Absterberate der Hessens Wälder prägenden Buche. Der Mittelwert der Jahre 1984 bis 2007 liegt bei 0,04 Prozent und ist als Zeichen für eine hohe Stresstoleranz und eine stabile ökologische Situation dieser Baumart zu werten. Trotzdem geben neueste Untersuchungen bei der Buche einen Hinweis darauf, dass mit den zu erwartenden Klimaveränderungen auch Wachstumseinbußen verbunden sein dürften.
„Die Wälder in der Rhein-Main-Ebene benötigen weiterhin unser verstärktes Engagement“, betonte Dietzel. Zwar hat sich auch in diesem Gebiet, wie im Landestrend, der Kronenzustand im Vergleich zum Vorjahr verbessert, aber deutlich weniger ausgeprägt als in Gesamthessen. In Teilbereichen der Rhein-Main-Ebene bleibt der Zustand des Waldes daher sehr angespannt. Insbesondere die für diese Region charakteristische Eiche ist weiterhin überdurchschnittlich belastet. So liegt die mittlere Kronenverlichtung der älteren Eiche in der Region im Jahr 2008 bei 41 Prozent gegenüber 26 Prozent im Landesdurchschnitt. Wesentlich zur Destabilisierung der Eichenbestände haben unter anderem Veränderungen des Wasserhaushalts, Insektengradationen, Schadstoffbelastungen sowie die überdurchschnittlich warm-trockene Witterung in den vergangenen Jahren beigetragen.
Zur Unterstützung und als weitere Entscheidungsbasis für die dort bereits seit mehreren Jahren laufenden Sanierungsmaßnahmen wurde Anfang 2008 vom hessischen Umweltministerium (HMULV) das Projekt „Waldentwicklungsszenarien für das Hessische Ried“ bei der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen in Auftrag gegeben. Es handelt sich hierbei um ein interdisziplinäres Verbundprojekt mit einer Laufzeit von drei Jahren.
Die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung seit Ende der 80er Jahre führte zu einem deutlichen Rückgang der Säureeinträge in Waldböden. Bezogen auf den Eintrag der Jahre 1986-1989 beträgt der Rückgang in Fichtenbeständen sogar bis zu 80 Prozent. Dies bedeutet eine große Entlastung des Ökosystems Wald. Die Stickstoffeinträge verbleiben allerdings trotz einer insgesamt leicht rückläufigen Tendenz auf einem zu hohen Niveau. Eine weitere Reduzierung der Schadstoffeinträge ist daher erforderlich.
Darüber hinaus sind auch alle anderen wirkungsvollen Maßnahmen zur Stabilisierung des hessischen Waldes zu nutzen. Dazu zählen der Aufbau stabiler Mischbestände und der weitgehende Verzicht auf Kahlschläge. „Im Zeichen des Klimawandels ist der Aufbau stabiler und gemischter Wälder eine wichtige Maßnahme zur Verteilung und Minimierung künftiger Risiken“, erläuterte der Minister. Maßnahmen die bereits seit Jahren vom Landesbetrieb HESSEN-FORST umgesetzt werden.
Die Fortführung der Bodenschutzkalkung stellt auf allen schwächer nährstoffversorgten Standorten einen wichtigen Beitrag zur zumindest vorübergehenden Stabilisierung der Waldböden dar. Ziel der Bodenschutzkalkung ist unter anderem eine Erhöhung der Speicherfähigkeit für Nährstoffe und Schadstoffe, eine Verbesserung des Ernährungszustandes und der Vitalität der Wälder sowie eine Förderung der Durchwurzelung und der bodenwühlenden Fauna. Das Waldökosystem wird durch die geringe Menge - drei Tonnen Kalk je Hektar - den Ausbringungszeitraum und das Ausbringungsverfahren nur wenig gestört.
„Im Jahr 2008 werden trotz schwieriger Haushaltslage rund 3,3 Millionen
Euro für Kalkungsmaßnahmen im Staats-, Körperschafts- und Privatwald
investiert“, sagte Minister Dietzel. Auch für das Jahr 2009 stehen für
den Körperschafts- und Privatwald Fördermittel zur Verfügung. Seit dem
Beginn der Bodenschutzkalkung (1986) wurden in Hessen rund 375.000 ha
Wald gekalkt.
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die umfassende Beobachtung des
Waldzustandes und die Aktivitäten der Waldökosystemstudie Hessen
fortgesetzt werden sollten. „Die Hessische Landesregierung hat daher
die Neukonzeption des europäischen forstlichen Umweltmonitorings und
dessen Beantragung bei der EU-Kommission ausdrücklich unterstützt“,
betonte Minister Dietzel abschließend. Die neue Konzeption des
Monitorings berücksichtigt dabei insbesondere aktuelle Fragestellungen
wie Klimawandel, Biodiversität, CO2-Senke sowie Boden- und
Grundwasserschutz. Auch eine weitere jährliche Erfassung des
Waldzustandes ist vorgesehen. Die Entscheidung der EU-Kommission wird
noch in diesem Jahr erwartet.
Die Ergebnisse:
Der mittlere Nadel-/Blattverlust aller Baumarten und Altersstufen
beträgt 2008 landesweit 21 Prozent gegenüber 26 Prozent im Vorjahr und
hat sich somit deutlich gebessert. Eine Verbesserung des
Kronenzustandes zeigt sich dabei sowohl bei den älteren (über 60 Jahre)
wie auch bei den jüngeren Bäumen (bis 60 Jahre). Die mittlere
Kronenverlichtung bei den jüngeren Bäumen nahm von 14 Prozent (2007)
auf 9 Prozent und die der älteren von 31 Prozent (2007) auf 26 Prozent
ab.
Mit Ausnahme der älteren Kiefer zeigt sich bei allen Hauptbaumarten und
Altersstufen der erfreuliche positive Trend. Im Vergleich zu den
anderen Hauptbaumarten stagniert die mittlere Kronenverlichtung der
älteren Kiefer in diesem Jahr bei einem Wert von 25 Prozent. Allerdings
zeigt die ältere Kiefer während des gesamten Beobachtungszeitraums im
Vergleich zu allen anderen Baumarten den geringsten Anstieg der
Verlichtung (1984: 20 Prozent; 2008: 25 Prozent).
Die ältere Buche weist eine mittlere Kronenverlichtung von 25 Prozent
auf, nachdem dieser Wert im Vorjahr noch bei 33 Prozent lag. Der
mittlere Blattverlust der älteren Eiche liegt in diesem Jahr bei 26
Prozent und ist damit um 7 Prozent-Punkte niedriger als 2007 (33
Prozent). Bei der älteren Fichte verringerte sich der mittlere
Nadelverlust von 33 Prozent (2007) auf 30 Prozent.
Die Ergebnisse bei den jüngeren Bäumen zeigen eine weitgehend parallele
Entwicklung zu den älteren Bäumen und somit eine deutliche Reduktion
der Blattverluste. Der von 14 Prozent (2007) auf 5 Prozent verringerte
mittlere Blattverlust der jüngeren Eiche ist dabei besonders
hervorzuheben. Der günstigste Wert seit Beginn der Eichenmessreihe in
1984.
Quelle: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag / Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz