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Verlust wertvoller Urwälder in den Karpaten

Archivmeldung vom 19.12.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.12.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Beispielhafter ca. 1000 m² großer Ausschnitt aus einem Landsat-Satellitenbild von Nordrumänien. Farblich gekennzeichnet ist der Waldverlust in unterschiedlichen Zeitperioden (blau 1988-89; gelb 1989-94; grün 1994-2002; orange 2002-2006; rot 2006-2009), errechnet auf der Basis fernerkundlicher Analysemethoden. Bild: Humboldt-Universität zu Berlin
Beispielhafter ca. 1000 m² großer Ausschnitt aus einem Landsat-Satellitenbild von Nordrumänien. Farblich gekennzeichnet ist der Waldverlust in unterschiedlichen Zeitperioden (blau 1988-89; gelb 1989-94; grün 1994-2002; orange 2002-2006; rot 2006-2009), errechnet auf der Basis fernerkundlicher Analysemethoden. Bild: Humboldt-Universität zu Berlin

Der Gebirgszug der Karpaten stellt als „grüner Korridor“ die Verbindung zwischen Zentraleuropa und dem Schwarzen Meer dar. Er umfasst Osteuropas größte, gemäßigte Waldregion sowie einige der letzten europäischen Urwälder und ist damit ein Biodiversitäts-Hotspot in Europa.

Mithilfe der Auswertung von Satellitendaten zeigen Jan Knorn, Patrick Hostert sowie Tobias Kümmerle vom Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Tschechien, Rumänien und den USA, dass der Anteil von Naturwäldern in den Karpaten zurückgeht. Ihre Ergebnisse veröffentlichte die Forschergruppe nun in der Fachzeitschrift Environmental Conservation.

„Der Naturschutz, und insbesondere die Errichtung von Naturschutzgebieten, sind wichtig zur Wahrung unserer natürlichen Lebensräume. In den Karpaten kam es in den letzten Jahren, nicht zuletzt dank der Osterweiterung der Europäischen Union, zu einer Ausweitung des Schutzgebietsnetzwerks. Es bleibt jedoch die Frage offen, inwiefern diese Schutzgebiete ihre Aufgabe wirklich erfüllen“, sagt Jan Knorn. Die Forschergruppe untersuchte deshalb das Ausmaß und die Ursachen der fortschreitenden Entwaldung in den Karpaten, insbesondere in Rumänien. Mithilfe von Satellitenbildern und einer neu entwickelten Methode zur großräumigen Kartierung von Veränderungen der Waldbedeckung konnten die Forscher zeigen, dass allein im letzten Jahrzehnt in Rumänien über 2700 ha wertvoller Naturwald abgeholzt wurde.

Besonders Besorgnis erregend ist, dass die Ergebnisse Abholzungen auch innerhalb von Naturschutzgebieten offenbaren. Als Hauptursachen hierfür sehen die Forscher institutionelle Umbrüche vor allem in der Zeit nach 1989 und rapide Veränderungen der Eigentumsverhältnisse. Die Enteignung privater Waldbesitzer nach dem 2. Weltkrieg wurde in Rumänien seit Beginn der 1990er Jahre stufenweise rückgängig gemacht. Knapp zwei Drittel des Staatsforstes wurden seitdem (und werden immer noch) ihren ehemaligen Besitzern zurückgegeben.

Die Untersuchung verdeutlicht den gravierenden Einfluss sozioökonomischer Veränderungen auf den Naturschutz und die damit einhergehende Gefahr des Raubbaus an den natürlichen Ressourcen einer Region. Trotz umfangreicher Maßnahmen im Rahmen der EU-Osterweiterung scheint der Erhalt der Biodiversität und einzigartiger Ökosysteme an vielen Stellen mehr denn je gefährdet zu sein.

„Die Abholzung hat bedeutende Auswirkungen auf das Ökosystem der Karpaten, die weit über den Waldbestand als solchen hinausgehen“, so Jan Knorn. Über 125 Tier- und Pflanzenarten, darunter der Wolf, der Braunbär und der Luchs, sind stark bedroht. Bodenerosion und Hangrutschungen nehmen zu, die Gefahr von Überflutungen steigt nachweislich. Die Biodiversität und damit verbundene Ökosystemdienstleistung nehmen ab oder sind gefährdet. Nicht zuletzt ist der Karpatenraum auch ein Hort traditioneller Bräuche und Kulturen – es verwundert insofern nicht, dass der Verlust des Naturraums oft auch mit dem Verlust des Kulturraums einhergeht.

Quelle: Humboldt-Universität zu Berlin (idw)

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