EU fährt bei Biokraftstoffen hinter her
Archivmeldung vom 08.07.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlBiokraftstoffe für Pkw sind in der Europäischen Union (EU) im Vergleich zu Brasilien, Nordamerika und Asien bislang wenig verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Analyse des Automotive Institute der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).
Demnach wurden in der Europäischen
Union (EU) 2005 rund drei Milliarden Liter Biokraftstoff erzeugt,
davon der weitaus größte Teil Biodiesel. Demgegenüber produzierten
Brasilien und die USA jeweils über 16,5 Milliarden Liter
Biokraftstoff. China, Indien und die übrigen asiatischen Staaten
kamen zusammen auf über zwölf Milliarden Liter. Karl Gadesmann,
Automotive-Leader bei PwC: "Deutsche Raffinerien steuerten 2005 gut
eine Milliarde Liter Biodiesel zur EU-Produktion bei - mit steigender
Tendenz. Damit ist Deutschland Marktführer in Europa." Nach
PwC-Schätzungen dürfte der weltweite Ausstoß bis Ende des Jahrzehnts
um jährlich 24 Prozent zulegen.
Biologische Pkw-Kraftstoffe wie Ethanol und Biodiesel sind aus mehreren Gründen eine interessante Alternative zu Benzin und Diesel auf Erdölbasis. So würde eine größere Verbreitung von Biokraftstoffen die Abhängigkeit vom Erdöl und damit auch den Erdöl-Exportstaaten verringern. Zudem könnten die Kohlendioxid-Emissionen durch Einsatz von Ethanol oder Biodiesel an Stelle herkömmlicher Treibstoffe sinken.
Allerdings erreichen alternative Treibstoffe bislang lediglich in
Brasilien nennenswerte Marktanteile. "Während von der
Automobilindustrie die technischen Voraussetzungen für eine stärkere
Verbreitung geschaffen wurden, sind die Raffinerie- und
Tankstellenkapazitäten in den meisten Ländern noch längst nicht
ausreichend", erläutert Gadesmann. Zudem lohnt sich der Umstieg auf
Ethanol oder Biodiesel für viele Autofahrer nicht. In den USA
beispielsweise müssen Verbraucher für Biokraftstoff per Saldo sogar
mehr ausgeben als für Benzin.
Ethanol nur bei günstigem Ausgangsrohstoff konkurrenzfähig
Ethanol ist im Gegensatz zu Biodiesel weniger energieeffizient als
das Treibstoff-Pendant auf Erdölbasis. Das in den USA und Europa
verbreitete Ethanol-Gemisch müsste zwischen 35 und 40 Prozent weniger
kosten als Benzin, um den höheren Energieeinsatz bei der
Ethanol-Erzeugung auszugleichen. Entscheidend für die
Wirtschaftlichkeit alternativer Kraftstoffe ist die Rohstoffbasis:
Bei der Raffinierung von Zuckerrohr beispielsweise muss deutlich
weniger Energie pro Liter Biokraftstoff eingesetzt werden als bei
Getreide, das vor allem in den USA zur Ethanol-Erzeugung dient.
Biodiesel ist hingegen ebenso energieeffizient wie herkömmlicher
Diesel. Zudem lässt sich Biodiesel nicht nur aus Ölsaaten wie Raps
erzeugen, sondern auch aus Abfall-Fetten. Allerdings ist Biodiesel in
erster Linie für Europa relevant, da Dieselantriebe in anderen
Regionen nach wie vor wenig verbreitet sind. In jüngster Zeit ist das
Interesse an Biokraftstoffen in der EU wieder gestiegen.
Ausschlaggebend ist nicht nur der hohe Ölpreis, sondern auch der
Kohlendioxid-Ausstoß der europäischen Pkw, der aller Voraussicht nach
über den freiwillig zwischen EU-Kommission und Automobilindustrie
vereinbarten Klimaschutz-Zielen liegen dürfte.
Raffinerie- und Tankstellenkapazitäten als Engpass
Ein maßgebliches Hindernis für die bislang geringe Verbreitung von
Biokraftstoffen ist die in vielen Ländern mangelhafte Infrastruktur.
In den Vereinigten Staaten reichen beispielsweise weder die
Raffineriekapazitäten noch das Tankstellennetz in nächster Zukunft
aus, um eine größere Nachfrage nach Biokraftstoffen zu decken. Zwar
haben die drei großen US-Automobilhersteller Ford, General Motors und
DaimlerChrysler bislang schätzungsweise rund fünf Millionen Pkw
produziert, die problemlos mit einem Ethanol-Benzin-Gemisch (E85)
fahren könnten. "Würden sich jedoch alle Besitzer dafür entscheiden,
ihr Auto mit E85 zu betanken, gäbe es ein Problem: Denn in den
gesamten Vereinigten Staaten kommt auf 10.000 für den Biotreibstoff
geeignete Pkw nur eine einzige E85-Tankstelle", so Gadesmann. Die
Raffinerie-Kapazitäten sollen in den kommenden Jahren zwar deutlich
erweitert werden, nach den bisherigen Planungen könnte
Ethanol-Treibstoff dennoch nur fünf Prozent des derzeitigen
Benzinbedarfs der USA ersetzen.
Quelle: Pressemitteilung PricewaterhouseCoopers AG WPG