Deutsche Wissenschaftler entdecken zahlreiche neue Tierarten auf Madagaskar
Archivmeldung vom 30.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBiologen entdecken im Südosten Madagaskars 43 der Wissenschaft unbekannte Arten von Tausendfüßern und Insekten. Dieses Projekt des Museums Koenig, Bonn und des Biozentrum Grindel und Zoologischen Museums der Universität Hamburg hat das Ziel zumindest Teile der einzigartigen und bedrohten Vielfalt für die Wissenschaft zu erfassen.
Trotz der hohen und weltweit einmaligen Artenvielfalt ist Madagaskar immer noch
in vielen Bereichen unerforscht, erst in den letzten Jahren konnten sogar einige
neue Affenarten entdeckt werden. Demnach kam es nicht überraschend, dass zwei
Doktoranden, Kai Schütte aus dem Zoologischen Institut und Museum Hamburg und
Thomas Wesener aus dem Museum Koenig in Bonn, bei einem aktuellen durch die
Universität Antananarivo koordinierten Inventurprojekt im Südosten Madagaskar
ebenfalls neue, der Wissenschaft nicht bekannte Arten von Tausendfüßern und
Insekten entdeckten. Die gefundene Vielfalt war dennoch einmalig: Thomas Wesener
fand insgesamt 29 neue Arten von Tausendfüßern, davon 11 neue Arten von
Riesenkugeltausendfüßern. An Insekten entdeckte Kai Schütte 8 neue Arten
Stabschrecken, 2 Gottesanbeterinnen und 4 Libellen.
Nur durch Zufall
wurde eine der Stabschreckenarten gefunden, die sich in einer handvoll Laubstreu
befand, welches als Futter für eine spektakuläre neue Art eines 15 Zentimeter
langen, blutrot- schwarz gefärbten Feuertausendfüßers gesammelt wurde. Viele der
erfassten Libellenarten werden Bestandteil der Roten Liste gefährdeter Arten
sein, die von der Weltnaturschutzunion (IUCN) herausgegeben wird. Neue Libellen
wurden vor allem in einem abgelegenen Tieflandregenwald entdeckt. Diese
Lebensräume sind selten geworden, da sie oft am einfachsten vom Menschen genutzt
werden können.
Die Tausendfüßer Madagaskars sorgen nicht nur durch das
Fressen von totem Laub und Holz für eine unverzichtbare Humusproduktion als
Nährstoff für den Wald, viele der neu entdeckten Arten kommen auch nur in einem
sehr kleinen Verbreitungsgebiet vor, sind also mikroendemisch. Häufig fanden
sich bereits im nächsten, wenige Kilometer entfernt liegenden Wald andere Arten.
Als Besonderheit Madagaskars gelten die sich zu einer kompletten Kugel
einrollenden Riesenkugeltausendfüßer. Diese sehr alte Tiergruppe, deren
Vorfahren bereits zur Zeit der Dinosaurier lebten, kommt mit besonders vielen
einmaligen Arten auf Madagaskar vor. Die Tiere erreichen auf Madagaskar in
einigen Arten die Größe einer Apfelsine und damit den Größenweltrekord.
Weiterhin besitzen alle auf Madagaskar lebenden Arten in beiden Geschlechtern
Zirporgane, die wahrscheinlich der Partnerfindung und Fortpflanzung dienen.
Ein besonders hoher Anteil an Arten kommt nur auf Madagaskar vor und ist stark gefährdet. Daher gehört der Inselstaat zu den 10 größten Brennpunkten der Artenvielfalt. Die Biodiversität ist im Untersuchungsgebiet besonders bedroht, da von den hier einzigartigen, verschiedenen Lebensräumen meist nur noch mosaikartige Reste existieren.
Leider sind fast alle Wälder Madagaskars
stark gefährdet. Schätzungen gehen davon aus, dass bereits 90 % der natürlichen
Vegetation Madagaskars seit Besiedlung der Insel durch den Menschen vor 2000
Jahren zerstört wurde. Die Folgen für die Menschen und die Natur sind
katastrophal. Die 20 besuchten Wälder sind häufig sehr klein und durch große,
abgeholzte Bereiche voneinander getrennt. Große Flächen bestehen nur noch aus
lebensfeindlicher Steppenlandschaft, die für Pflanzen und Tiere der
Restwaldfragmente unüberwindbar ist.
Schreitet die Zerstörung im gleichen Ausmaß wie in der Vergangenheit fort, werden viele der Wälder und damit ihre einzigartigen Bewohner in 10 Jahren verschwunden sein. Damit wären viele der nur dort vorkommenden Tierarten ausgestorben bevor sie überhaupt entdeckt werden. Jetzt gibt es zumindest noch die Möglichkeit die gefundenen Arten zu benennen, ihre Besonderheiten und Lebensweise zu erfassen, sie für die Nachwelt zu konservieren und vielleicht durch die Ergebnisse die wenigen Schutzbemühungen zu intensivieren, um einige der einmaligen Lebensräume mit seinen Bewohnern zu erhalten.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.