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Rekord-Fluten im Balkan hängen mit Störung riesiger Luftströme zusammen

Archivmeldung vom 16.04.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Screenshot Youtube Video "Rossby waves and extreme weather"
Bild: Screenshot Youtube Video "Rossby waves and extreme weather"

Die verheerenden Fluten im Balkan vor zwei Jahren hängen wahrscheinlich mit der zeitweisen Verlangsamung riesiger Luftströme in der Atmosphäre zusammen, wie Wissenschaftler jetzt herausfanden. Diese Luftströme umkreisen den Erdball in Form gigantischer Wellen, die zwischen Äquator und Nordpol auf und ab schwingen und sich dabei normalerweise ostwärts bewegen. Vor zwei Jahren aber stockte ihre Vorwärtsbewegung für mehrere Tage – zugleich setzte sich ein Wettersystem über Bosnien, Herzegovina, Serbien und Kroatien fest, aus dem sich Rekordmengen von Regen ergossen.

Die Studie der Wissenschaftler bringt neue Belege, dass die so genannte Resonanz planetarer Wellen ein Schlüsselmechanismus für Wetterextreme im Sommer ist. Zudem zeigen die Forscher, dass extreme Regenfälle im Balkan stark zugenommen haben. Dies übertrifft sogar noch die weltweit beobachtete Zunahme.

„Wir waren überrascht, als wir sahen, wie lang das für die Fluten ursächliche Wettersystem über der Region verharrte – der Vb Zyklon ‚Yvette‘ war dort wie gefangen“, sagt Lisa Stadtherr vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Leit-Autorin der in Science Advances erscheinenden Studie. „Tag für Tag hat der Regen die Erde durchnässt, bis sie völlig vollgesogen war und keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen konnte – die Fluten haben Berichten zufolge zu mehreren Dutzend Todesfällen und 3,5 Milliarden Euro an Schäden geführt.“

Während die durchschnittlichen Tagesniederschläge im Balkan seit 1950 nur wenig zugenommen haben, wuchs die Intensität der stärksten Regenfälle um ein Drittel, so ermittelten die Forscher. Im Mai 2014 waren die Niederschläge örtlich heftiger als jemals zuvor in dem untersuchten Zeitraum. Die Häufigkeit solch seltener und potenziell verheerender Extreme hat sich im Balkan in den vergangenen 60 Jahren verdoppelt.

„Bei der Elbeflut 1997 hatten wir in Deutschland eine ähnliche Situation“

„Das ist beunruhigend, um so mehr weil wir eine Zunahme extremer Regenfälle an vielen Orten der Erde beobachten“, sagt Ko-Autor und PIK-Projektleiter Dim Coumou. „Die Veränderungen über dem Balkan sind erheblich größer als das, was aufgrund der einfachen Erwärmung der Luft zu erwarten wäre.“ In der Region wurde es seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts rund ein Grad wärmer; wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und lässt pro Grad Erwärmung die maximal mögliche Regenmenge um 7 Prozent zunehmen. „Die beobachteten Veränderungen der Regenfälle im Balkan sind aber etwa fünfmal so stark – es müssen also andere Faktoren ins Spiel gekommen sein.“

Die Wissenschaftler entdeckten, dass das Wettersystem über dem Balkan wie gefangen fest hing genau zu der Zeit, als auch die so genannten planetaren Wellen der als Jetstream bekannten großen Luftströmung auf der Stelle stehen blieben. „Dies beweist keine Ursächlichkeit, aber das Zusammentreffen ist zumindest verdächtig – besonders, weil wir eine ganz ähnliche Situation auch 1997 mit dem Zyklon ‚Zoe‘ hatten, was zu der zerstörerischen Elbe-Überschwemmung führte“, sagt Coumou. „Wir liefern Belege, dass der Beinah-Stillstand der Wellen in Verbindung steht mit einem subtilen Phänomen, das wir Resonanz nennen.“

Ein Mechanismus für Extremwetter im Sommer

Der Mechanismus ist erst vor wenigen Jahren vom PIK-Forscher Vladimir Petoukhov aufgezeigt worden, der damit einen neuen Forschungsstrang eröffnet hat; er ist Ko-Autor der aktuellen Studie. Die Wissenschaftler haben ein Video produziert, um der Öffentlichkeit den Resonanzmechanismus verständlich zu machen, der ein entscheidender Faktor für extreme Wetterereignisse im Sommer sein könnte (siehe Weblinks unten).

„Unsere Ergebnisse liefern weitere Belege dafür, dass die planetaren Wellen Wetterextreme auslösen können“, sagt Ko-Autor Stefan Rahmstorf, Leiter des PIK-Forschungsbereichs Erdsystemanalyse. „Wenn diese Wellen sich durch Resonanz aufschaukeln, kann dies ernste Folgen für die Menschen haben. Ich mache mir Sorgen, dass der laufende Klimawandel günstigere Bedingungen für diese Art von Resonanzereignissen schafft.“

Weblinks zu früheren Studien zum Thema:

Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (idw)

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