Klimapuzzle Arktischer Ozean
Archivmeldung vom 02.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Klimageschichte der Nordpolarregion konnte erstmals anhand eines arktischen Bohrkerns rekonstruiert werden. Absolut neu und überraschend ist, dass sich die Arktis wesentlich früher abgekühlt hat, als bisher angenommen.
In der Bohrung auf dem Lomonosow-Rücken hat man eistransportiertes Material in
Ablagerungen gefunden, die 45 Millionen Jahre alt sind. Erste Teile der
Antarktis begannen ebenfalls vor rund 43 Millionen Jahren zu vereisen. Die
Wissenschaftler leiten daraus ab, dass die Abkühlung der Erde seit etwa 50
Millionen Jahren durch entsprechende Prozesse an beiden Polen gesteuert wurde.
Die unter Mitarbeit von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts in
Bremerhaven gewonnenen Erkenntnisse wurden jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature
veröffentlicht.
Die bisherige Rekonstruktion der Langzeit-Klimageschichte
der Erde beruht überwiegend auf geologischen Informationen aus nicht-polaren
Breiten. Aufgrund der logistischen Herausforderungen waren entsprechende Archive
aus den polaren Gebieten nur schwer zu gewinnen. Im Spätsommer 2004 wurden drei
Eisbrecher eingesetzt, um einen 400 Meter langen Sedimentkern vom dem in der
zentralen Arktis gelegenen Lomonosow-Rücken zu erhalten.
Bereits vor dieser
Tiefbohrung war bekannt, dass sich die Erde vor 100 Millionen Jahren abzukühlen
begann. Die vorhandenen Klimadaten suggerierten, dass die Abkühlung durch die
Vereisung in der Antarktis gesteuert wurde. Die Arktis kühlte nach diesem Modell
erst sehr viel später vor rund zehn Millionen Jahren ab. In der Bohrung auf dem
Lomonosow-Rücken fand sich eistransportiertes Material in Ablagerungen, die 45
Millionen Jahre alt sind. Dies bedeutet, dass Meereis in der Arktis wesentlich
früher aufgetreten ist, als bisher angenommen. Erste Teile der Antarktis
begannen ebenfalls vor rund 43 Millionen Jahren zu vereisen. Die Autoren leiten
daraus ab, dass die Abkühlung der Erde seit etwa 50 Millionen Jahren durch
entsprechende Prozesse an beiden Polen gesteuert wurde.
Dieser generelle
Abkühlungstrend führte dann zur ersten massiven Vereisung der Antarktis vor
ungefähr 14 Millionen Jahren. Aufgrund der globalen Abkühlung vor 3,2 Millionen
Jahren begann dann ebenfalls Grönland zu vereisen. Aus der zeitlichen
Synchronität der Ereignisse in der Arktis und Antarktis leiten die Autoren ab,
dass für die generelle Abkühlung der Erde überwiegend Treibhausgase wie Methan
und Kohlendioxyd verantwortlich waren. Die Öffnung von Meeresstrassen, wie die
Drake Passage im Süden und die Framstrasse im Norden, hatten offensichtlich
einen geringeren Einfluss auf das Weltklima als bisher gedacht.
Die
erste wissenschaftliche Tiefbohrung im arktischen Ozean fand etwa 225 Kilometer
vom Nordpol entfernt statt. Meterdicke Packeisrücken und große Treibeisschollen
erschwerten die Arbeiten. Voraussetzung für diese Mission waren seismische
Daten, die im Jahr 1991 während einer internationalen Arktisexpedition mit den
Eisbrechern Polarstern und Oden entlang des Lomonosow-Rückens erhoben wurden.
Bisher standen aus dieser Region nur Kurzkerne von weniger als 15 Metern zur
Verfügung. "Die in dem 400 Meter langen Bohrkern enthaltenen Sedimente geben
Aufschluss über die Klima- und Umweltgeschichte des Arktischen Beckens während
der letzten 55 Millionen Jahre", sagt Prof. Dr. Rüdiger Stein vom
Alfred-Wegener-Institut. "Die Kurzkerne lassen keine direkten Aussagen über die
längerfristige Klimageschichte zu. Nur anhand des neuen Sedimentkerns können wir
den Übergang von einem frühen (alttertiären) eisfreien zu einem eisbedeckten
Arktischen Ozean, wie wir ihn heute kennen, erklären." Das Verständnis der
Ursachen dieser langfristigen Klimaänderungen ist auch von großer Bedeutung, um
die aktuell beobachteten Umweltveränderungen in der Arktis zu verstehen.
Bis
zur Tiefbohrung in der Arktis war auch unbekannt, ob das Klima in der
Nordpolarregion vor etwa 55 Millionen Jahren erheblich wärmer war als heute.,
wie es Untersuchungen aus nicht-polaren Regionen für das globale Klima zeigten.
Aus den arktischen Sedimenten lässt sich ablesen, dass in diesem Zeitraum etwa
50 Prozent des heutigen arktischen Ozeans noch nicht existierte und die
Wassertemperaturen bei maximal 24 Grad Celsius lagen. Vor und nach diesem
Klimaoptimum lagen die Wassertemperaturen in der Arktis nur bei 18 Grad Celsius.
Integrated Ocean Drilling Programm - IODP
Die Bohrkampagne wurde
im Rahmen des internationalen Bohrprogramms "Integrated Ocean Drilling Program -
IODP" durchgeführt. Die wissenschaftliche Leitung dieser Expedition lag bei
Prof. Jan Backman von der Universität Stockholm und Prof. Kate Moran von Rhodes
Island.
Mehr Informationen zum IODP finden Sie unter
www.bgr.de/iodp/home.htm ,
www.rcom.marum.de/Arktische_Bohrexpedition_2004_ACEX.html oder auf den
internationalen Seiten www.iodp.org/ .
Referenz: K. Moran et al., The Cenozoic palaeoenvironment of the Arctic Ocean, Nature 1.06.2006.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.