Alleingang der EU-Kommission bei Glyphosat befeuert Europa-Verdrossenheit
Archivmeldung vom 28.06.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEU-Kommissar Vytenis Andriukaitis hat heute angekündigt, dass die EU-Kommission die Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat im Alleingang um 18 Monate verlängern wird. Erst am Freitag war sie im vierten Anlauf damit gescheitert, dafür eine ausreichende Mehrheit der Mitgliedstaaten zu gewinnen. Scharfe Kritik kommt nun vom Umweltinstitut München, das der EU-Kommission vorwirft, mit dieser Entscheidung die Europa-Verdrossenheit weiter zu befeuern.
Dazu erklärte Jurek Vengels, Referent für Verbraucherschutz am Umweltinstitut: "Vier Mal hat die Kommission keine qualifizierte Mehrheit für Glyphosat erreicht, jetzt beschließt sie im Alleingang die Verlängerung der Zulassung. Wir brauchen die Europäische Union, auch weil sie uns die Chance bietet, Umwelt und Gesundheit besser zu schützen. Aber mit solchen Entscheidungen droht die Kommission, den Rückhalt der Menschen für das Projekt Europa weiter zu verspielen."
Die heute angekündigte provisorische Verlängerung der gegenwärtigen Genehmigung ist bereits die dritte in Folge. Die Kommission gewinnt damit Zeit in der Auseinandersetzung um die Frage, ob Glyphosat erneut zugelassen werden soll. Ohne diese Entscheidung wäre die Genehmigung bereits zum 1. Juli ausgelaufen. Monsanto und andere Chemiekonzerne hatten für diesen Fall mit Klagen gedroht. Erst in der vergangenen Woche hatten sich in einer repräsentativen Umfrage 83 Prozent der Deutschen für ein Verbot ausgesprochen.
Die offizielle Begründung für die Verlängerung der Zulassung um 18 Monate ist eine ausstehende Bewertung durch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA). Das Umweltinstitut kritisierte diese als "Augenwischerei": "Die Gefahren von Glyphosat liegen längst auf dem Tisch: Der Stoff ist wahrscheinlich krebserregend und reduziert die Artenvielfalt. Er wird regelmäßig in der Umwelt, in unserer Nahrung und sogar in unserem Organismus nachgewiesen. Die nächsten Monate sollten daher genutzt werden, um einen Ausstiegsplan für Glyphosat vorzubereiten", so Vengels.
Das Umweltinstitut fordert die Europäische Chemikalienagentur auf, sich bei seiner anstehenden Einstufung des Stoffs nicht auf die vorangegangene Bewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu verlassen. Gegen das BfR läuft eine Strafanzeige des Umweltinstituts und weiterer Organisationen, die der Behörde gravierende Fehler im Bewertungsprozess vorwerfen. So seien Studien, die die Krebsgefahr von Glyphosat belegen, ignoriert oder systematisch falsch ausgelegt worden.
"Die Einstufung durch die Europäische Chemikalienagentur bietet die Chance, verloren gegangenes Vertrauen in den Bewertungsprozess wiederherzustellen. Das kann aber nur gelingen, wenn frühere Fehler vermieden werden. Dazu muss die Bewertung so transparent wie möglich vonstatten gehen und die bisher von den Herstellern unter Verschluss gehaltenen Studien endlich offengelegt werden", so Vengels abschließend.
Quelle: Umweltinstitut München e.V. (ots)