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Viele Rätsel auf Island nach der Anlandung des Finnwals

Archivmeldung vom 24.10.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

"Das Fleisch des Finnwals ist nicht für Island bestimmt," erklärte der Kapitän des isländischen Walfangschiffs, das den ersten von geplanten neun Finnwal-Fängen am Sonntag anlandete. Tierschutz-Organisationen, die den Walfang verurteilen, darunter der IFAW (Internationaler Tierschutz-Fonds), vermuten, dass Island das Fleisch nach Japan liefern will.

"Dem stehen eigentlich Beschlüsse des Washingtoner Artenschutz-Übereinkommens im Weg. Danach ist der Handel mit Produkten von Walen verboten. Allerdings wollen sich Island und Japan nicht daran halten. Die Länder erkennen die Beschlüsse nicht an," sagt Dr. Ralf Sonntag, Meeresbiologie und Leiter von IFAW Deutschland. "Aber dann ist noch immer die Frage, ob Japan überhaupt eine Importlizenz erteilt. Walfleisch aus Norwegen hat es wegen der hohen toxischen Belastung zurückgewiesen."

Diese und weitere offene Fragen und Merkwürdigkeiten im Umfeld der letzte Woche verkündeten Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs sorgen auf Island für Verwirrung.

- Zur Erklärung der Regierung, dass Wale der isländischen Fischerei großen Schaden zufügten, stehen Untersuchungsergebnisse des heimischen Forschungsinstituts MRI aus den Jahren 1967 bis 1989 in eindeutigem Widerspruch. Danach enthielten die Mägen von 1600 Finnwalen zu 97 Prozent Plankton und keinen Fisch.

- Die einzige Walfleisch-Verarbeitungsanlage der kleinen Inselrepublik ist nicht betriebsbereit. Angelandete Wale müssen in offenem Gelände verarbeitet werden.

- Auf wenig mehr als ein Prozent ist die Zahl der Isländer gesunken, die überhaupt Walfleisch essen. Wale wurden von Island immer in erster Linie für den Export in ferne Länder gefangen, eine große Nachfrage für Walfleisch gab es auf Island noch nie.

- Die isländischen Medien gehen zum Walfang mehr und mehr auf Distanz.

- Vielen Isländern missfällt, dass ihre konservative Regierung die jüngsten Proteste von der EU, Großbritannien, Frankreich, den USA, Australien und Neuseeland schlicht ignoriert. Abgeordnete wie die Grüne Kolbrun Halldorsdottir und Mordur Arnason von den Sozialdemokraten verurteilen die Wiederaufnahme des Walfangs und erklären, die Regierung erkenne nicht die eigentlichen Gebote der Zeit.

- Die Betreiber des Whale Watching, das jährlich bis zu 90.000 Teilnehmer anzieht, sehen ihren jungen Tourismus-Zweig gefährdet. Abbi Björgvinsson von der "Icelandic Whale Watching Association" lehnt den Walfang ab als unnötig und als "schädlich für unseren Gewerbezweig und für Islands Image. Wir stellen in Islands Wirtschaft einen wichtigen Faktor dar. Wir machten im Jahr 2003 einen Umsatz von 24,2 Mio US-Dollar. Das ist sieben- bis achtmal so viel wie in den achtziger Jahren der Walfang erzielte. Die Regierung muss ihre Position neu überdenken und bei ihren Entscheidungen Rücksicht auf uns nehmen."

Die isländische Regierung hat neun Finnwale und 30 Zwergwale zum Abschuss freigegeben. Finnwale sind die - nach dem Blauwal - zweitgrößte Wal-Art. Länge: bis zu 25 Meter, Gewicht: bis zu 50 Tonnen. Sie sind im vorigen Jahrhundert stark bejagt worden und gelten als gefährdet.

Entgegen seinem Namen ist der Zwergwal immerhin auch noch 10 Meter lang und kann bis zu 15 Tonnen wiegen.

Quelle: Pressemitteilung IFAW

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