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Wissenschaftler warnen vor Manipulation von Bienen und anderen Insekten durch 'indirekte' Gentechnik

Archivmeldung vom 10.07.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Michael Bührke / pixelio.de
Bild: Michael Bührke / pixelio.de

Ein US-Forscherteam der Universität in Austin, Texas hat ein Patent angemeldet, mit dem Bienen, Hummeln und andere Insekten durch gentechnisch veränderte Bakterien manipuliert werden sollen. Dabei soll das Erbgut von natürlicherweise im Darm von Bienen und Hummeln vorkommenden Bakterien so verändert werden, dass diese einen zusätzlichen Botenstoff produzieren.

Dieser Stoff soll von Bienen über den Darm aufgenommen werden, sich im Körper der Insekten verteilen und so bis in deren Gehirn gelangen. Der US-Patentanmeldung (US 2019 / 0015528 A1) nach soll das Verfahren dazu eingesetzt werden, Parasiten der Bienen wie die Varroa-Milbe zu bekämpfen. Eine weitere Anwendung zielt laut der Patentansprüche darauf ab, den Abbau von Pestiziden im Körper der Bienen zu beschleunigen und diese so "pestizidresistenter" zu machen. Zudem soll mit dem neuen Gentechnik-Verfahren das Verhalten der Bestäuber beeinflusst werden, um diese "effizienter" zu machen. Die Technik wurde an Bienen unter experimentellen Laborbedingungen bereits getestet.

Freisetzung birgt unabwägbare Gefahren für Wildtiere und Ökosystem

Hochproblematisch daran ist: Falls Bienen mit diesen Bakterien freigesetzt würden, ist nicht auszuschließen, dass sich diese auch auf andere Bienenvölker oder wilde Verwandte wie Hummeln übertragen. Die zusätzlichen Gene können sich auch auf andere Bakterienarten übertragen. Das wirft nicht nur Fragen nach der Reichweite des Patents auf, sondern bringt auch unkalkulierbare Risiken für die Umwelt mit sich: Nach einer Freisetzung könnten die genetisch veränderten Mikroben nicht mehr aus der Natur zurückgeholt oder deren Ausbreitung wirksam kontrolliert werden.

Darauf weist Dr. Christoph Then von Testbiotech, dem Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie, hin: "Es gibt derzeit eine ganze Reihe von Projekten, die darauf abzielen, aus der gentechnischen Veränderung von Mikroorganismen ein neues Geschäftsfeld zu entwickeln. Statt Zielorganismen wie Bienen direkt zu manipulieren, verändert man mit ihnen assoziierte Mikroorganismen wie Darmbakterien, die dann über Botenstoffe die Eigenschaften ihrer 'Wirte' verändern können. Diese komplexen Wechselwirkungen gehen mit einer neuen Dimension von Umweltrisiken einher."

Auch der Bienenforscher und Neurologe Prof. Dr. Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin warnt: "Da Bakterien außerordentlich schnell mutieren, lässt sich auch nicht ausschließen, dass diese Bakterien die Wirkungen auf andere Tiere und den Menschen übertragen. Welche Auswirkungen damit verbunden sein können, ist nicht vorherzusehen." Dennoch gibt es bereits Interesse, entsprechende gentechnisch veränderte Organismen zu vermarkten. Das Patent ist ein klarer Hinweis darauf, dass genau dies geplant ist.

Nicht die Biene muss verändert werden - wir müssen unser Verhalten ändern

Der Ansatz der US-Forscher*innen, das Verhalten des sozialen Wesens Biene aus Profitinteressen "optimieren" und Bienen an synthetische Pestizide anpassen zu wollen, ist nicht nur ethisch fragwürdig, sondern wird dem hochkomplexen Ursache-Wirkungs-Geflecht in der Natur nicht gerecht. Er lässt außerdem völlig außer Acht, dass nicht nur die vom Menschen gehaltene Honigbiene, sondern maßgeblich auch Wildbienen und viele andere Wildtiere von Pestiziden geschädigt werden.

Das Beispiel der Patentanmeldung zeigt erneut, wie wichtig das Gentechnik-Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs ist. Auch "neue" Gentechnik ist Gentechnik und jede Gentechnik muss streng risikogeprüft, zugelassen und gekennzeichnet werden. Nur so können die Bienen und das Ökosystem vor riskanten Gentechnik-Freisetzungen geschützt werden; nur so haben Verbraucher*innen die Wahlfreiheit, GVO-freie Lebensmittel zu kaufen.

Bernd Rodekohr, Projektleiter "Schützt die Biene vor Gentechnik!" bei der Aurelia Stiftung, kommentiert: "Jede Gentechnik wird das Ökosystem krank machen, solange das Agrarsystem selbst krank ist. Die Lösung muss daher lauten: Nicht die Biene muss verändert werden, sondern unser Verhalten muss sich ändern. Statt pestizidresistenter Bienen brauchen wir endlich eine echte Agrarwende mit vielfältiger, nachhaltiger, bäuerlicher Landwirtschaft ohne Ackergifte."

Mit ihrer neuen Informations- und Petitionskampagne www.biene-gentechnik.de möchte die Aurelia Stiftung einen Beitrag dazu leisten, die bestehende Gentechnikfreiheit in Deutschland zu sichern und Bienen und das komplexe Ökosystem vor irreversiblen Schäden durch neue Gentechnik zu schützen.

Zur Aurelia-Kampagne "Schützt die Biene vor Gentechnik!": www.biene-gentechnik.de

Weiterführende Infos zur Manipulation der Biene: www.testbiotech.org/node/2620

Quelle: Aurelia Stiftung (ots)

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