Nur wer die Meere kennt, kann nachhaltig mit ihnen umgehen
Archivmeldung vom 29.11.2019
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEuropa mit seiner langen Küstenlinie vielen Halbinseln, Randmeeren, Golfen und Buchten ist eng mit dem Ozean verzahnt. In Zeiten von Meeresspiegelanstieg und -erwärmung ist es daher wichtig zu wissen, welche Prozesse sich genau vor den Küsten und im offenen Ozean abspielen. Doch bei der Ozeanbeobachtung gibt es noch große Lücken. Das will ein internationales Konsortium aus 55 Partnern mit dem Projekt EuroSea ändern. Die EU fördert es mit insgesamt 12,6 Millionen Euro. Diese Woche startet das am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordinierte Projekt mit einer Auftakttreffen in Brüssel.
Die Ozeane liefern uns Menschen Nahrung und Sauerstoff. Sie sind Verkehrswege und Klimapuffer. Sie dienen uns als Orte der Erholung, aber oft auch als Müllkippe. Stürme, der Meeresspiegelanstieg, Flutwellen und Meeresverschmutzung bedrohen Ökosysteme und an den Küsten lebende Menschen. Das gilt besonders für Europa, das mit seinen großen Halbinseln, Nebenmeeren und Buchten eng mit dem Ozean verzahnt ist.
Doch trotz dieser immensen Bedeutung der Meere gibt es noch immer große Lücken im Wissen über Vorgänge in ihrem Inneren. Das liegt unter anderem an fehlenden oder unzureichend verknüpften Beobachtungen. Die Wissenslücken machen Abschätzungen zu aktuellen und zukünftigen Entwicklungen und damit auch Planungen für einen nachhaltigen Umgang mit den Meeren schwierig.
Ein internationales Konsortium aus 55 Partnern hat sich jetzt in dem Projekt EuroSea zusammengeschlossen, um die Ozeanbeobachtung in Europa und darüber hinaus deutlich zu verbessern. Die Europäische Union fördert das Projekt bis 2023 mit insgesamt 12,6 Millionen Euro. Diese Woche treffen sich 80 Forscherinnen und Forscher sowie Gäste aus Politik und Wirtschaft im Naturkundemuseum in Brüssel (RBINS) zur Auftaktkonferenz.
„Ziel des Projekts ist es, vorhandene Kapazitäten bei der europäischen Meeresbeobachtungssystem besser miteinander zu verbinden, bestehende Lücken zu füllen und die dabei entstehenden Daten und Informationen einfacher für Nutzer zur Verfügung zu stellen“, sagt der Koordinator Dr. Toste Tanhua vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Bei den Partnern im EuroSea-Konsortium handelt es sich vor allem um wissenschaftliche Einrichtungen in insgesamt 13 europäischen Ländern sowie in Brasilien und Kanada. Hinzu kommen internationale Institutionen und Netzwerke wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), die Zwischenstaatliche Ozeanographische Kommission der Unesco (IOC-UNESCO), das European Marine Board oder der europäische Teil des Global Ocean Observing Systems (EuroGOOS). Auch aus der Wirtschaft konnten Partner gewonnen werden, unter anderem um Technologien und Dienstleistungen für die Ozeanbeobachtung weiterzuentwickeln und die Kontinuität nach der Projektlaufzeit sicherzustellen.
Neben der Verbesserung der Messungen direkt im Ozean legt EuroSea einen Fokus auf die Qualität und Nutzbarkeit der erhobenen Daten und auf Systeme, diese Daten für aktuelle Vorhersagedienste zu nutzen. „Dafür arbeiten wir eng mit den bestehenden marinen Datenbanken und Dateninfrastrukturen und dem EU-Projekt Blue-Cloud zusammen, um in diesen Bereichen Fähigkeiten zu verbessern und einen effizienten Datenaustausch zu erleichtern“, betont der Projektkoordinator. Die Ozeandaten sollen dem FAIR-Standard (findable, accessible, interoperable, reusable: auffindbar, zugänglich, untereinander kompatibel und wiederverwendbar) entsprechen. „Das ist leider noch nicht immer der Fall“, bedauert Dr. Tanhua.
Das Projekt baut auch auf dem Vorgängerprojekt AtlantOS auf und kooperiert mit dem daraus hervorgegangenen gleichnamigen Programm, das eine Verbesserung der Ozeanbeobachtung im gesamten atlantischen Raum zum Ziel hat. EuroSea setzt die dort begonnene Arbeit mit Blick auf die europäischen Meere einschließlich des Mittelmeers fort und intensiviert sie in diesem Bereich.
Das GEOMAR übernimmt bei EuroSea nicht nur die Gesamtkoordination, sondern ist auch an sechs der insgesamt zehn Arbeitspaketen intensiv beteiligt. Das reicht von der besseren Verknüpfung bestehender Messnetze über Datenintegration bis hin zu Forschungen zur Rolle des Ozeans im Klimawandel und der Abschätzung, wie groß die wirtschaftliche Bedeutung der ozeanischen Kohlenstoffpumpe ist. Knapp 1,8 Millionen Euro der Gesamtfördersumme gehen dafür an das Kieler Helmholtz-Zentrum.
„Wir wollen den Weg bereiten für ein nachhaltiges Ozeanbeobachtungs-System, das nicht nur der Forschung, sondern auch Nutzern wie der Fischerei, der Aquakultur, dem Küstenschutz, der Offshore-Energiegewinnung und letztendlich der Öffentlichkeit die Informationen liefert, die sie benötigen und nachfragen. Damit tragen wir auch zu den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen, zur UN-Dekade zur Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung sowie zur G7-Initiative Zukunft der Meere und Ozeane bei “, fasst Dr. Tanhua zusammen.
Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (idw)