Ebola-Ausbruch tötet 5.000 Gorillas
Archivmeldung vom 09.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
        
        
        Ausbrüche der tödlichen Krankheit Ebola in Afrika gingen in den vergangenen Jahren immer wieder einher mit dem Sterben von Schimpansen und Gorillas in den benachbarten Wäldern. Heftig umstritten war, ob es sich dabei nur um isolierte Ereignisse gehandelt hat oder um Anzeichen eines Massensterbens unter den Affen.
Jetzt hat ein internationals Forscherteam aus Deutschland, Spanien und Schweden diese Debatte durch neue Befunde beendet, die überzeugend belegen, dass Ebola in einem einzigen Schutzgebiet allein in kurzer Zeit über 5.000 Gorillas getötet hat. Die Studie lässt allerdings auch hoffen, denn mit einer gezielten Impfkampagne 
könnten die verheerenden Folgen von Ebola auf frei lebende Gorillas und 
Schimpansen klar eingegrenzt werden (Science, 8. Dezember 2006).
Seitdem im Jahr 2003 erstmals über das massenhaftes Sterben von 
Affen berichtet wurde, haben Skeptiker immer wieder in Zweifel gezogen, ob es 
sich dabei tatsächlich um ein Massensterben handelt und ob Ebola auch wirklich 
die Ursache dafür sei. Die jetzt unter Leitung von Magdalena Bermejo von der 
Universität Barcelona veröffentlichte Studie zerstreut diese Zweifel, denn sie 
wurde in einer gut kontrollierten Gorilla-Population durchgeführt. Genetische 
Tests bestätigten Ebola eindeutig als Todesursache. Bermejo und ihre Kollegen 
vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität 
Uppsala zeigten erstmals, dass 93 Prozent (221 of 238) der individuell bekannten 
Gorillas im Lossi-Schutzgebiet im Nordwesten Kongos durch Ebola während der 
Ausbrüche 2002 und 2003 getötet wurden. An Hand von Auszählungen zeigten die 
Forscher, dass sich die 95 prozentige Gorilla-Sterberate über ein weitaus 
größeres Gebiet von einigen Tausend Quadratkilometern erstreckt. Auch die 
Schimpansen waren mit einer Todesrate von 77 Prozent stark davon 
betroffen.
Lossi ist jedoch nur einer von vielen anderen Standorten mit 
Massensterben von Gorillas und Schimpansen, die durch Ebola in den vergangenen 
zwölf Jahren verursacht wurden. Genaue Zahlen, wie viele Affen tatsächlich 
gestorben sind, sind nicht verfügbar. Aber angesichts der großen Zahl 
betroffener Lebensräume dürften diese Ebola-Ausbrüche etwa ein Viertel der 
Welt-Gorilla-Population dahingerafft haben. Besonders stark waren die Folgen auf 
große, weit entfernt liegende Schutzgebiete, die eigentlich als letzte 
Zufluchtsstätte für die Affen gedacht waren. Ebola hat die Affen dort zwar nicht 
völlig ausgerottet, aber einst große Populationen sehr stark dezimiert, so dass 
sie jetzt weitaus weniger widerstandsfähig sind gegen illegale Jagd und andere 
Gefahren. 
Ebenso beunruhigend sind neue Studien, die zeigen, dass sich 
die Ebola-Infektionen sehr rasch in Richtung auf einige der letzten in der 
Region noch verbliebenen Schutzgebiete ausbreiten. Die Ergebnisse der neuen 
Studie legen allerdings nahe, dass der Schutz der verbliebenen Affenpopulationen 
gegen Ebola viel einfacher sein könnte als bisher angenommen. In Lossi wurden 
die meisten der Gorillas nicht direkt durch einen Wirt im Schutzgebiet 
infiziert, wie bisher angenommen. Vielmehr scheint sich die Epidemie eher von 
einer sozialen Gruppe zur anderen zu übertragen. Das eröffnet die Möglichkeit 
für gezielte Impfstrategien, die - durch Unterbrechen der Übertragungskette - 
viel effizienter sein könnten als bei Ausbrüchen, die komplett durch direkte 
Übertragung getrieben werden. Die Vorhersehbarkeit der Übertragungsrate der 
Ebola-Infektionswelle würde ermöglichen, dass man die Impfung direkt vor die 
vorrückende Infektionswelle platzieren und auf diese Weise stoppen 
könnte.
Das bisherige Fehlen von Impfprogrammen ist nicht etwa auf einen 
Mangel an Impfoptionen zurück zu führen, da man mit verschiedenen Impfungen 
inzwischen Laboraffen vor Ebola schützen kann und große Impfstofflabore 
interessiert sind zu helfen. "Vielmehr ist es die Unsicherheit darüber, ob eine 
umfassende Ebola-Kontrolle notwendig oder überhaupt möglich ist, welche die 
großen Spender und Hilfsorganisationen gelähmt hat", sagt Peter Walsh, Koautor 
der Studie vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. 
"Wir hoffen, dass die Klarheit unserer Ergebnisse einige öffentliche oder 
private Spender bewegen wird, jene zwei bis drei Millionen Dollar bereit zu 
stellen, die für die Entwicklung einer sicheren und effektiven Ebola-Impfung für 
frei lebende Affen benötigt werden." 
Walsh betont, dass die 
Ebola-Impfung eine kosteneffiziente Methode zum Schutz der Affen ist. "Viele der 
im Artenschutz aktiven Leute sind eingeschüchtert durch die anfänglichen Kosten 
einer Impfung und würden stattdessen das Geld lieber in die Bekämpfung der 
Wilderei investieren. Was sie nicht einrechnen ist die Tatsache, dass ein Jahr 
Ebola-Impfung so vielen Affen das Leben retten könnte wie zehn Jahre Kampf gegen 
die Wilderei. Wir müssen beides tun."
Walsh hebt auch hervor, dass Ebola 
durchaus das Potential hat, jahrelange Investitionen in den Ökotourismus 
innerhalb kurzer Zeit zu zerstören. Beispielsweise wurde das 
Gorilla-Ansiedlungsprogramm von Magdalena Bermejo im Lossi-Schutzgebiet Mitte 
der 1990er-Jahre in Kooperation mit dem "Ecosystem Forestiere d’Afrique Centrale 
(ECOFAC)" der Europäischen Union auch deshalb in Gang gesetzt, um der 
einheimischen Bevölkerung ein Einkommen aus dem Ökotourismus zu ermöglichen. 
Doch Ebola hat nicht nur viele der in Lossi angesiedelten Gorillas getötet, 
sondern auch jahrelange Investitionen in den Ökotourismus im benachbarten 
Odzala-Nationalpark durch die Vernichtung der dortigen Gorilla-Bestände 
neutralisiert.
"Wir befinden uns in einer Periode, in der relativ geringe Investitionen sowohl in die Ebola-Kontrolle als auch in die Bekämpfung der Wilderei es langfristig ermöglichen würden, die Zukunft unserer engsten Verwandten wirklich zu sichern", sagt Walsh. "Lasst uns diese Chance nicht versäumen."
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

        
        
      
      