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Ebola-Ausbruch tötet 5.000 Gorillas

Archivmeldung vom 09.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Geschützter Lebensraum der Menschenaffen Populationen. Bild: Dr. Peter Walsh, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Geschützter Lebensraum der Menschenaffen Populationen. Bild: Dr. Peter Walsh, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

Ausbrüche der tödlichen Krankheit Ebola in Afrika gingen in den vergangenen Jahren immer wieder einher mit dem Sterben von Schimpansen und Gorillas in den benachbarten Wäldern. Heftig umstritten war, ob es sich dabei nur um isolierte Ereignisse gehandelt hat oder um Anzeichen eines Massensterbens unter den Affen.

Jetzt hat ein internationals Forscherteam aus Deutschland, Spanien und Schweden diese Debatte durch neue Befunde beendet, die überzeugend belegen, dass Ebola in einem einzigen Schutzgebiet allein in kurzer Zeit über 5.000 Gorillas getötet hat. Die Studie lässt allerdings auch hoffen, denn mit einer gezielten Impfkampagne könnten die verheerenden Folgen von Ebola auf frei lebende Gorillas und Schimpansen klar eingegrenzt werden (Science, 8. Dezember 2006).

Seitdem im Jahr 2003 erstmals über das massenhaftes Sterben von Affen berichtet wurde, haben Skeptiker immer wieder in Zweifel gezogen, ob es sich dabei tatsächlich um ein Massensterben handelt und ob Ebola auch wirklich die Ursache dafür sei. Die jetzt unter Leitung von Magdalena Bermejo von der Universität Barcelona veröffentlichte Studie zerstreut diese Zweifel, denn sie wurde in einer gut kontrollierten Gorilla-Population durchgeführt. Genetische Tests bestätigten Ebola eindeutig als Todesursache. Bermejo und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität Uppsala zeigten erstmals, dass 93 Prozent (221 of 238) der individuell bekannten Gorillas im Lossi-Schutzgebiet im Nordwesten Kongos durch Ebola während der Ausbrüche 2002 und 2003 getötet wurden. An Hand von Auszählungen zeigten die Forscher, dass sich die 95 prozentige Gorilla-Sterberate über ein weitaus größeres Gebiet von einigen Tausend Quadratkilometern erstreckt. Auch die Schimpansen waren mit einer Todesrate von 77 Prozent stark davon betroffen.

Lossi ist jedoch nur einer von vielen anderen Standorten mit Massensterben von Gorillas und Schimpansen, die durch Ebola in den vergangenen zwölf Jahren verursacht wurden. Genaue Zahlen, wie viele Affen tatsächlich gestorben sind, sind nicht verfügbar. Aber angesichts der großen Zahl betroffener Lebensräume dürften diese Ebola-Ausbrüche etwa ein Viertel der Welt-Gorilla-Population dahingerafft haben. Besonders stark waren die Folgen auf große, weit entfernt liegende Schutzgebiete, die eigentlich als letzte Zufluchtsstätte für die Affen gedacht waren. Ebola hat die Affen dort zwar nicht völlig ausgerottet, aber einst große Populationen sehr stark dezimiert, so dass sie jetzt weitaus weniger widerstandsfähig sind gegen illegale Jagd und andere Gefahren.

Ebenso beunruhigend sind neue Studien, die zeigen, dass sich die Ebola-Infektionen sehr rasch in Richtung auf einige der letzten in der Region noch verbliebenen Schutzgebiete ausbreiten. Die Ergebnisse der neuen Studie legen allerdings nahe, dass der Schutz der verbliebenen Affenpopulationen gegen Ebola viel einfacher sein könnte als bisher angenommen. In Lossi wurden die meisten der Gorillas nicht direkt durch einen Wirt im Schutzgebiet infiziert, wie bisher angenommen. Vielmehr scheint sich die Epidemie eher von einer sozialen Gruppe zur anderen zu übertragen. Das eröffnet die Möglichkeit für gezielte Impfstrategien, die - durch Unterbrechen der Übertragungskette - viel effizienter sein könnten als bei Ausbrüchen, die komplett durch direkte Übertragung getrieben werden. Die Vorhersehbarkeit der Übertragungsrate der Ebola-Infektionswelle würde ermöglichen, dass man die Impfung direkt vor die vorrückende Infektionswelle platzieren und auf diese Weise stoppen könnte.

Das bisherige Fehlen von Impfprogrammen ist nicht etwa auf einen Mangel an Impfoptionen zurück zu führen, da man mit verschiedenen Impfungen inzwischen Laboraffen vor Ebola schützen kann und große Impfstofflabore interessiert sind zu helfen. "Vielmehr ist es die Unsicherheit darüber, ob eine umfassende Ebola-Kontrolle notwendig oder überhaupt möglich ist, welche die großen Spender und Hilfsorganisationen gelähmt hat", sagt Peter Walsh, Koautor der Studie vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. "Wir hoffen, dass die Klarheit unserer Ergebnisse einige öffentliche oder private Spender bewegen wird, jene zwei bis drei Millionen Dollar bereit zu stellen, die für die Entwicklung einer sicheren und effektiven Ebola-Impfung für frei lebende Affen benötigt werden."

Walsh betont, dass die Ebola-Impfung eine kosteneffiziente Methode zum Schutz der Affen ist. "Viele der im Artenschutz aktiven Leute sind eingeschüchtert durch die anfänglichen Kosten einer Impfung und würden stattdessen das Geld lieber in die Bekämpfung der Wilderei investieren. Was sie nicht einrechnen ist die Tatsache, dass ein Jahr Ebola-Impfung so vielen Affen das Leben retten könnte wie zehn Jahre Kampf gegen die Wilderei. Wir müssen beides tun."

Walsh hebt auch hervor, dass Ebola durchaus das Potential hat, jahrelange Investitionen in den Ökotourismus innerhalb kurzer Zeit zu zerstören. Beispielsweise wurde das Gorilla-Ansiedlungsprogramm von Magdalena Bermejo im Lossi-Schutzgebiet Mitte der 1990er-Jahre in Kooperation mit dem "Ecosystem Forestiere d’Afrique Centrale (ECOFAC)" der Europäischen Union auch deshalb in Gang gesetzt, um der einheimischen Bevölkerung ein Einkommen aus dem Ökotourismus zu ermöglichen. Doch Ebola hat nicht nur viele der in Lossi angesiedelten Gorillas getötet, sondern auch jahrelange Investitionen in den Ökotourismus im benachbarten Odzala-Nationalpark durch die Vernichtung der dortigen Gorilla-Bestände neutralisiert.

"Wir befinden uns in einer Periode, in der relativ geringe Investitionen sowohl in die Ebola-Kontrolle als auch in die Bekämpfung der Wilderei es langfristig ermöglichen würden, die Zukunft unserer engsten Verwandten wirklich zu sichern", sagt Walsh. "Lasst uns diese Chance nicht versäumen."

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

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