Pflanzen: Alarmsignale bei Wassermangel
Archivmeldung vom 07.12.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn der Boden austrocknet, schicken Pflanzenwurzeln ein Warnsignal zu den Blättern. Würzburger Forscher haben jetzt herausgefunden, wie der Dürre-Alarm auch direkt in den Blättern ausgelöst wird – und zwar schon dann, wenn nur die Luft trockener wird.
Der weltweite Klimawandel sorgt dafür, dass es in vielen Gebieten der Erde weniger regnet. Das kann zu Missernten führen, die besonders in ärmeren Regionen die Nahrungsmittelknappheit weiter verschärfen. Möglicherweise ist die Menschheit in Zukunft also auf neue Pflanzensorten angewiesen, die widerstandsfähiger gegen Trockenheit sind. Wissenschaftler erforschen darum die Mechanismen, mit denen sich Pflanzen gegen Dürre wappnen.
Auf diesem Gebiet arbeiten auch Professor Rainer Hedrich und Peter Ache vom Lehrstuhl für Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Universität Würzburg. Ihre neuesten Erkenntnisse über ein Pflanzenhormon, das bei Wassermangel in Aktion tritt, haben sie jetzt im renommierten Wissenschaftsjournal „Current Biology“ veröffentlicht.
Stresshormon macht Spaltöffnungen dicht
„Aus Experimenten wissen wir, dass die Wurzel eine Information über die aktuelle Lage der Wasserversorgung an den Spross und die Blätter weitergibt“, sagt Hedrich. Als Botenstoff dient dabei das Stresshormon Abszisinsäure, das Trockenheit signalisiert. In den Blättern dringt es in die Schließzellen ein und bewirkt, dass sie die so genannten Spaltöffnungen dicht machen. Durch diese zahlreich vorhandenen Öffnungen nehmen die Blätter Kohlendioxid für die Photosynthese auf, durch diese Öffnungen verlieren sie aber auch Wasser an die Umgebung.
Bislang galt die Lehrmeinung, dass die Schließzellen das Stresshormon Abszisinsäure von außen aufnehmen müssen. Die Würzburger Pflanzenforscher allerdings vermuteten schon seit längerer Zeit, dass die Schließzellen das Hormon auch selbst produzieren können. „Bereits 1889 hat Francis Darwin festgestellt, dass Pflanzen schon allein beim Abfall der Luftfeuchtigkeit die Schotten dicht machen, und zwar noch bevor der Boden austrocknet“, so Hedrich. Folglich müssen die Blätter dazu in der Lage sein, Trockenheit wahrzunehmen und schnell darauf zu reagieren – ohne Beteiligung der Wurzel.
Schließzellen haben die nötigen Gene
Wie das funktioniert, haben die Würzburger Forscher nun herausgefunden. Zuerst analysierten sie mit Kollegen aus Braunschweig das Erbgut in den Schließzellen der Ackerschmalwand, einer genetisch gut verstandenen Modellpflanze. Dabei zeigte sich: Die Schließzellen verfügen über alle Gene, die für die Synthese des Stresshormons Abszisinsäure nötig sind. Zudem steigt bei trockener Luft die Aktivität einiger Schlüsselgene dieses Synthesewegs deutlich an.
Mutante ohne Stresshormon getestet
Dann prüften die Forscher, ob die Hormonproduktion in den Schließzellen stark genug ist, um bei trockener Luft die Spaltöffnungen zu verschließen. Dazu verwendeten sie Pflanzen, die wegen eines genetischen Fehlers überhaupt keine Abszisinsäure herstellen können. „Die Blätter dieser Mutanten welken in trockener Luft in weniger als drei Stunden“, sagt Peter Ache.
Die Wissenschaftler versetzten die Schließzellen der ansonsten völlig abszisinsäure-freien Mutante wieder in die Lage, das Hormon zu produzieren. Daraufhin blieb die Pflanze „standfest“; ihre Blätter wurden in trockener Luft nicht welk. Das zeigt: „Die Fähigkeit der Schließzellen, bei Bedarf selbst Abszisinsäure herzustellen, ist essentiell und ausreichend für die Pflanze, um einem Abfall der Luftfeuchtigkeit zu widerstehen“, erklärt Rainer Hedrich.
Suche nach dem Sensor
Die Suche nach Genen, die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Stress machen, ist Gegenstand des Bayerischen Forschungsverbunds ForPlanta „Pflanzen fit für die Zukunft“, dem Hedrichs Team angehört. „Als nächstes wollen wir herausfinden, wie Pflanzen die Änderung der Luftfeuchtigkeit wahrnehmen und wie dieser potenzielle Sensor die Synthese von Abszisinsäure in Gang setzt“, sagt der Würzburger Biophysiker. Neben der Ackerschmalwand sollen dann auch Dattelpalmen untersucht werden, weil sie an extrem trockenen und heißen Standorten gedeihen und dabei sogar beachtliche Erträge bringen.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg (idw)