Wolfgang Joop: "Mangel machte kreativ"
Archivmeldung vom 05.10.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttModedesigner Wolfgang Joop hält möglichen Verzicht aktuell für eine Grundsatzfrage. "Die grundsätzliche Frage heute lautet: Worauf kann ich eventuell verzichten? Und was würde mir wirklich Freude bereiten, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen?", sagte Joop der "taz am Wochenende".
Früher sei es selbstverständlich gewesen, "dass nicht alle alles haben und konsumieren können; der Mangel machte uns kreativ", so der Modedesigner weiter. "Flüge, die 35 Euro kosten, zeigen doch, dass wir uns verrannt - äh - verflogen haben. Wirkliches Reisen sowie auch Kaviar und Kokain gab es nur für eine ehemalige High Society, für die anderen eben nicht", sagte Joop. Den Erfolg der "Fast Fashion"-Industrie, also Ketten wie Zara, H&M und Primark mit günstiger, schnell wechselnder Massenmode, betrachtet er mit Skepsis: "Das erklärt sich mir in dieser Zeit, da die Modeindustrie in der Krise steckt, wie Zauberei. Mit `rechten`, also alten Mitteln, kann das nicht zugehen", so der Modedesigner weiter.
Seinen Eindruck vom Besuch einer Filiale des Modediscounters Primark beschrieb er so: "Der Laden sieht aus wie ein Massengrab. Das Traurige ist: Die jungen Leute haben sich die Freude daran nehmen lassen, sich am Samstag fürs Ausgehen anzuziehen", so Joop. Auf die Frage, was konkret falsch laufe, antwortete er: "Durch Überproduktion entstehen nutzlose Überschüsse, die dann statt beim Verbraucher im Abseits landen. Irgendwo. Dass alles irgendwie, irgendwo teilweise recycelt wieder auftauchen wird, glaube ich nur bedingt", sagte Joop der "taz am Wochenende". Das Problem betreffe nicht nur die Billigmode, sondern auch "High-Fashion-Häuser".
Quelle: dts Nachrichtenagentur