Theaterregisseur Roberto Ciulli: "Der Mensch hat die Scham verloren"
Archivmeldung vom 30.03.2019
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Freigeschaltet durch André OttTheaterregisseur Roberto Ciulli, der das Mülheimer Theater an der Ruhr leitet und am 1. April 85 Jahre alt wird, hat das Vertrauen in die Menschheit verloren. "Wohin geht es mit diesem Homo sapiens?", fragt Ciulli im Interview mit der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" und gibt selbst die Antwort: "Er treibt dem Ende seiner Spezies zu."
Gründe seien die "Masse von Hass, die aktuell unter den Menschen herrscht, die Wohlstands-Schere durch die Gier der wenigen Reichen und das unmenschliche Verhalten gegenüber der Migration." In diesem Zusammenhang beobachtet Ciulli, "dass die Menschen heute einen zentralen Wert verloren haben: Scham. Es muss wieder gelingen, dass Menschen sich schämen."
Ciulli nannte als Beispiel, dass "seit Jahren im Mittelmeer Tausende von Menschen sterben. Heute denkt man, dieses Problem zu lösen, indem man die Rettung dieser Menschen an die Küstenwache Libyens delegiert hat, obwohl es von der Uno dokumentiert und bewiesen ist, dass die libysche Küstenwache die Menschen ertrinken lässt oder sie in Gefängnisse zurückbringt, wo sie wieder versklavt und gefoltert werden." Eines Tages, so Ciulli, würden die europäischen Staaten sich für dieses Verhalten verantworten müssen. "Und es wird schwierig sein für uns Europäer zu behaupten: ,Ich habe es nicht gewusst.'"
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)