Europäisches Parlament: Resolution für Meinungsfreiheit im Internetsektor
Archivmeldung vom 07.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReporter ohne Grenzen (ROG) begrüßt die gestern vom Europäischen Parlament beschlossene Resolution zur freien Meinungsäußerung im Internet. "Nun hoffen wir, dass die Europäische Kommission sowie die EU-Mitgliedstaaten diese Empfehlungen auch befolgen", so ROG.
Die Resolution kritisiert Internet-Firmen, die mit repressiven
Regierungen zusammenarbeiten. Namentlich genannt werden die
amerikanischen Unternehmen Yahoo, Google, Microsoft und Cisco Systems
sowie die europäischen Firmen Telecom Italia und France Telecom.
"Dieser Beschluss zeigt, dass sich Europa über die besondere
Bedeutung freier Meinungsäußerung im Internet und den Bedarf an
Regelungen in diesem Gebiet bewusst wird", so Reporter ohne Grenzen.
"Zudem unterstützt die Resolution einen Gesetzesentwurf, der dem
US-amerikanischen Kongress vorliegt und die Aktivitäten der
Internetanbieter in repressiven Staaten regulieren soll." Dieser
Global Online Freedom Act (GOFA) wurde im Februar in den Kongress
eingebracht und steht voraussichtlich noch diesen Sommer zur
Entscheidung an.
"Es ist wichtig, dass Europa auf diesem Gebiet gleichzeitig mit
den USA aktiv wird", fügt Reporter ohne Grenzen hinzu. "Denn nur so
kann sichergestellt werden, dass die Unternehmen dieselben ethischen
Richtlinien befolgen und dass keine Firma aus einer toleranteren
Gesetzeslage heraus wirtschaftliche Vorteile zieht."
In der Resolution wird die europäische Kommission aufgefordert,
einen freiwilligen Verhaltenskodex zu erstellen. Er soll die
Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen in repressiven Staaten
einschränken und Firmen dazu anhalten, die Notwendigkeit eines
unzensierten Internetzugangs bei ihren Geschäften Drittländern zu
berücksichtigen.
Zudem sollen sich die EU-Mitgliedsstaaten "auf eine gemeinsame
Erklärung einigen, in der sie ihr Engagement zum Schutz der Rechte
von Internetnutzern bekräftigen sowie ihren Willen zum Ausdruck
bringen, freie Meinungsäußerung im Internet weltweit zu fördern",
heißt es in der Resolution. Der Beschluss ist für die Europäische
Kommission jedoch nicht verbindlich; in Sachen Internet hat die
Kommission alleinige Entscheidungsmacht.
Yahoo, Google und Microsoft wurden in der Resolution namentlich
angeführt, weil sie der Selbstzensur in China zugestimmt haben,
während Cisco Systems unter dem Verdacht steht, die notwendige
Technologie für die Internetzensur bereitzustellen. Die europäischen
Unternehmen France Telecom und Telecom Italia wurden aufgrund ihrer
Internet-Kooperationen mit Tunesien und Kuba genannt.
Ebenfalls erwähnt wird in dem Beschluss die von ROG erstellte
Liste der 15 Feinde des Internets (China, Birma, Kuba, Iran, Libyen,
Malediven, Nepal, Nordkorea, Saudi Arabien, Syrien, Tunesien,
Turkmenistan, Usbekistan, Vietnam und Weißrussland) sowie die Fälle
mehrerer Blogger und Internetdissidenten, die in diesen Ländern
hinter Gittern sind (Hao Wu, Yang Zili und Shi Tao in China, Motjaba
Saminejad im Iran, Mohammed Abbou in Tunesien, Pham Hong Son in
Vietnam, Habib Saleh in Syrien, Mohamed Sharkawy und Karim El-Shaer
in Ägypten).
Zudem wird auch die Initiative von Reporter ohne Grenzen begrüßt,
die 32 Investmentfirmen veranlasst hat, eine "gemeinsame Erklärung
der Investoren zur Meinungsfreiheit im Internet" zu unterschreiben
(s. http://www.rsf.org/fonds-investissement.php3).
Der gesamte Text der Resolution wird in Kürze unter www.rsf.org
veröffentlicht.
Quelle: Pressemitteilung Reporter ohne Grenzen