M. DuMont Schauberg zum Spiegel 07/2006 "Klüngeln im Krieg"
Archivmeldung vom 14.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnter dem Titel "Klüngeln im Krieg" hat der "Spiegel" (Ausgabe 07/2006) einen Beitrag über die Firma M. DuMont Schauberg und die Familie Neven DuMont, veröffentlicht. In ihm heißt es, die Kölner Verlegerfamilie "inszeniere sich gern als Opfer der Nazis", habe jedoch tatsächlich von "Arisierungen", der Aneignung jüdischen Eigentums also, profitiert.
Dieser Beitrag ist in seiner gewollten Tendenz journalistisch
unverantwortlich. Hier wird Geschichte instrumentalisiert. Kein
Mitglied der Familie Neven DuMont hat zu irgendeinem Zeitpunkt
behauptet, dass vom Kölner Verlag oder von der eigenen Familie
Widerstand ausging. Stets war dem Haus bewusst, dass die Zeitungen,
die der Verlag herausgab, wie alle anderen Zeitungen in Deutschland
nicht außerhalb der Zwänge der Diktatur des Naziregimes stehen
konnten. In eigenen Veröffentlichungen sowie durch Öffnung unserer
Archive sind wir immer und vorbehaltlos offen auch mit dieser Zeit
umgegangen.
Der heutige Seniorchef des Hauses, Prof. Alfred Neven DuMont, den
der "Spiegel" bereits allein durch seine Aufmachung in den
Mittelpunkt seiner "Anklage" setzt, war zur Machtergreifung der Nazis
gerade einmal fünf Jahre alt. Er ist in einem Elternhaus
aufgewachsen, wo ihm bereits als Jugendlicher vermittelt wurde, dass
die Nazidiktatur ein Unrechtsregime war. Er konnte sich, wie nicht
viele andere, der Mitgliedschaft der Hitlerjugend entziehen, und
entzog sich genauso am Ende des Krieges als 17-Jähriger durch
Fahnenflucht dem "Endkampf" mit der Waffe in der Hand.
Die Familienverlagschefs August und Kurt Neven DuMont waren
bestrebt, wie viele andere bürgerliche Unternehmer, den Verlag über
die Nazizeit zu retten. Viele Deutsche gingen bis über die Mitte der
30er Jahre von der Hoffnung aus, der Spuk der braunen Diktatur würde
sich alsbald verflüchtigen. Diese Illusion teilten sie mit vielen
jüdischen Mitbürgern.
Wenn der "Spiegel" das Verlagshaus M. DuMont Schauberg in seiner
damaligen Tätigkeit als publizistischen Erfüllungsgehilfen der Nazis
bezeichnet, so liegt er nur dann richtig, wenn er sämtliche Titel von
Publikationen im Deutschen Reich mit einbezieht. In der Tat war die
Presse, wie jedermann weiß, ohne Ausnahme gleichgeschaltet, und
Vorgänge, wie beispielsweise die Bücherverbrennung, wurden durch eine
Vorlage des Reichspropagandaministeriums für alle deutschen Zeitungen
verbindlich zum Abdruck vorgelegt.
Es ist bekannt, dass im Jahre 1937 alle verantwortlichen Männer
und Frauen der Wirtschaft, wie auch Dr. Kurt Neven DuMont, veranlasst
wurden, in die NSDAP einzutreten. Sie glaubten, damit ihre Betriebe
bewahren zu können. Dennoch ist Dr. Kurt Neven DuMont kein Nazi
gewesen. Dies wird ihm auch von keinem ernsthaften Historiker
vorgeworfen. Es ist die Souveränität der größeren Distanz heutiger
Geschichtsschreibung, dass diese sehr wohl zwischen
Nationalsozialisten und Konservativen zu differenzieren weiß. Kurt
Neven DuMont ist im Gegenteil der Unrechtscharakter des Regimes stets
deutlich gewesen.
Wie Bürger sich damals nach außen verhalten mussten und wie sie
andererseits im kleinen Kreis artikulierten, war eine mehr als
zwiespältige Situation. So schreibt beispielsweise der bekannte
Schriftsteller und Journalist Gustav René Hocke, dass Kurt Neven
DuMont einer der "wenigen Verleger war, die Hitler schlicht als einen
schizophrenen Schurken zu bezeichnen gewohnt waren".
Der Verleger Alfred Neven DuMont war sich nach dem Krieg über das
verheerende Ausmaß der Nazidiktatur im Klaren und setzte sich bereits
als junger Mann und sehr früh in den 50er-Jahren für eine vitale
Ausübung der Demokratie in der neuen Bundesrepublik ein. So trat er
mit einer Reihe anderer Gleichgesinnter in den Zirkel des "Grünwalder
Kreises" ein genauso wie in den "Club der Republikanischen
Publizisten", die mit der unzureichenden Ausübung der Demokratie
während der Regierung Adenauer nachhaltig unzufrieden waren. Dazu
gehörte auch die frühe Aussöhnung mit dem Staat Israel, den er schon
als junger Mann bereiste; folgerichtig hat er später das "Deutsche
Komitee des Peres Center for Peace" mitgegründet und steht diesem
Hilfswerk für Israelis und Palästinenser vor.
Eine Reihe von dem Regime kritisch eingestellten Journalisten wie
August Dresbach, Fritz Hauenstein und Gert H. Theunissen konnten die
NS-Zeit in der Redaktion der Kölnischen Zeitung überdauern. Den
jüdischen Schriftsteller Wilhelm Unger gegen das Haus M. DuMont
Schauberg zu instrumentalisieren, wie es der "Spiegel" tut, stellt
eine Groteske dar. Bis kurz vor seiner Flucht ins Exil 1938 war
Wilhelm Unger jede Woche zu Besuch im Haus von Kurt und Gabriele
Neven DuMont. Die freundschaftliche Beziehung riss nicht ab, Mitte
der 50er Jahre wurde er von der Familie ermuntert, als Redakteur des
Kölner Stadt-Anzeiger aus dem Exil zurückzukommen.
Bei der Behauptung des "Spiegel", Verlag und Familie zählten durch
den Kauf von drei Grundstücken zu den Profiteuren der Arisierung,
schreckt das Magazin vor leichtfertigen Behauptungen nicht zurück.
Selbst den "Spiegel" hätte es nachdenklich machen müssen, dass kein
jüdischer Veräußerer der von ihm zitierten Grundstücke nach dem Krieg
Wiedergutmachung von der Firma oder der Familie forderte oder direkt
mit Forderungen an sie herantrat. Lediglich in einer Ausnahme hat es
nach dem Krieg eine Zahlung von 10.000 DM gegeben. Der "Spiegel"
unterstellt leichtfertig, dass die Erwerber der Grundstücke wussten,
dass diese aus jüdischem Besitz stammen. Hier bewegt sich das Magazin
in einer verleumderischen Grauzone.
Bei dem vom "Spiegel" angegriffenen Ehepaar Kurt und Gabriele
Neven DuMont, den Eltern des heutigen Seniorchefs, hatte der Vater
bis in die letzten Kriegsjahre eine Mitarbeiterin jüdischer Herkunft
als Sekretärin, deren Schwester bis zum Kriegsende im Elternhaushalt
des heutigen Seniorchefs verborgen werden konnte. Ihre Tochter schlug
übrigens eine bundesweite politische Karriere ein. Auch diese
Tatsache war dem "Spiegel" bekannt, aber er hat sie ebenso
ausgelassen, wohl weil sie die Tendenz des Artikels gestört hätte.
Bekannterweise hat die Redaktion des von Alfred Neven DuMont
herausgegebenen Kölner Stadt-Anzeiger den angesehenen Wächter-Preis
für die Berichterstattung und Recherche zum Kölner Müll- und
Spendenskandal entgegen nehmen können. Dies wird im "Spiegel"
wohlweislich unterschlagen. Vielmehr glaubt das Magazin, dem
Herausgeber dieser Zeitung anlasten zu können, er hätte sich lange
für die "umstrittene Müllverbrennung" eingesetzt. Und dies ist der
einzige Vorwurf, den der "Spiegel" Alfred Neven DuMont gegenüber
vorzubringen hat und der völlig aus der Luft gegriffen ist. Es ist
die Frage zu stellen, warum der "Spiegel", basierend auf zum Teil
unwahren und tendenziellen Unterlagen, 65 Jahre nach den Ereignissen,
dies zum Anlass nimmt, um das Haus M. DuMont Schauberg und seinen
Verleger derart zu diskriminieren.
Um die Verlagsgeschichte des Hauses in der Nazizeit differenziert
aufzuarbeiten, hat das Verlagshaus M. DuMont Schauberg bekräftigt,
einen unabhängigen, renommierten Historiker zu gewinnen. Dieser wird
uneingeschränkten Zugang zu den Unterlagen und Archiven des Hauses
erhalten.
Quelle: Pressemitteilung Unternehmensgruppe M.DuMont Schauberg