Daniel Kehlmann befürwortet Boykott der Fußball-WM
Archivmeldung vom 14.06.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Autor Daniel Kehlmann befürwortet einen Boykott der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Die FIFA sei eine "mafiöse Organisation", schreibt er in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit". Unter Bedingungen, die "an Sklaverei gemahnen", baue sie ihre Fußballstadien in Gastgeberländern, die mit Bestechungsgeldern gefügig gemacht würden. Als ein "nirgendwo als in der Schweiz geringfügig Steuern zahlender Privatverein" habe die FIFA "solch eine singuläre Machtstellung erreicht", dass sie "sogar nationales Recht nach Gutdünken aussetzen kann".
Kehlmann, der seit seinem 2005 erschienenen Roman "Die Vermessung der Welt" als einer der bedeutendsten Schriftsteller Deutschlands gilt, beklagt in seinem Gastbeitrag außerdem, dass die Gastgeberländer mit der Ausrichtung der Weltmeisterschaft ein hohes finanzielles Risiko eingingen, unter dem vor allem die einheimische Bevölkerung zu leiden habe. Zugleich erziele die FIFA einen hohen Gewinn, von dem augenscheinlich nur seine Funktionäre profitierten. Kehlmann fragte: "Sind nicht alle, die trotzdem bei der WM zuschauen, `Komplizen eines skandalösen Unrechts`?"
Der Boykott sei daher eine zwar "kuriose Idee, gegen die sich allerdings nichts Vernünftiges einwenden lässt". In einer vernünftigen Welt würde kein Politiker "nach Russland reisen und im Namen des Fußballs Putins Hand schütteln, während der Dissident Oleh Senzow in einem sibirischen Gefängnis dem Tod entgegenhungert, und kein Bürger daheim würde Übertragungen ansehen, bis die FIFA sich reformiert hat und Spiele nicht mehr unter unakzeptablen Bedingungen stattfinden".
Quelle: dts Nachrichtenagentur