Für Marcel Reif ist "die Kritikkultur in Deutschland total kaputt"
Archivmeldung vom 20.06.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttMarcel Reif zeigt sich besorgt über die Verunglimpfungen von TV-Kommentatoren während Fußball-Weltmeisterschaft in den Sozialen Netzwerken. "Ich versuche es, so gut es geht, zu ignorieren. Die Kritikkultur in Deutschland ist einfach total kaputt. Das ist durch die Sozialen Medien passiert, wo sich die Menschen anonym auskotzen können", sagte Reif der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
"Es gibt durchaus Dinge, die man ansprechen könnte, aber ich habe wohl einen komplett anderen Anspruch an Kommunikation. Was soll ich damit anfangen, wenn einer schreibt: ,Reif ist ein Arschloch'? Oder Reif ist ein ,Dortmund-Hasser' oder eine ,Bayern-Sau'? Was soll so etwas? Wo bringt mich das weiter? Du musst als Kommentator nur wissen: Wenn du dich auf eine solche Kommunikationsplattform wagst und während des Spiels mit einem Post testen willst, wie du ankommst, dass das auch ordentlich nach hinten los gehen kann. Gegen die anonyme Masse im Internet hast du keine Chance." Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft sieht er nach der Auftaktpleite gegen Mexiko (0:1) unter enormen Druck. Bundestrainer Joachim Löw sei "ausgecoacht" worden.
"Es geht um junge Menschen, die schon einmal auf dem Gipfel gestanden haben. Es geht nicht um Überheblichkeit, es geht um die Bereitschaft, drei, vier Prozent mehr zu geben", sagte der 68-Jährige, der aktuell für den Sender "Sport1" als Experte in der Sendung "Doppelpass" arbeitet. "Sehen Sie, es gibt ja einen Grund, dass seit 1962 kein Weltmeister seinen Titel verteidigen konnte. Das muss ja an irgendetwas liegen. Als Weltmeister bis du der Gejagte. Du brauchst diese Gier. Es ist unsäglich schwer, die richtigen Reize zu setzen."
Quelle: Rheinische Post (ots)