Vorwurf der Falschmeldung gegen Sputniknews selbst nur „Fake“?
Archivmeldung vom 22.09.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Online-Magazin „Motherboard“ behauptet, dass 23 Prozent der auf Facebook von Sputniknews Deutschland geteilten Artikel falsch seien. Das gehört zu den Ergebnissen einer angeblichen Analyse der Posts von Nachrichtenseiten hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts. Tatsächlich handelt es sich anscheinend bei den Zahlen selbst um Falschmeldungen.
Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" berichtet weiter: "Die Autoren behaupten, 24 Prozent der Sputniknews-Posts geben nur Halbwahrheiten wieder. Die von „Motherboard“ als „falsch“ deklarierten Artikel sind keinesfalls unwahr, wie sich zeigt, wenn die angeblich 23 Prozent falschen Posts von Sputniknews überprüft werden. Häufig wurden Zitate, die als solche auch erkennbar gekennzeichnet wurden, als „falsch“ eingestuft. Auch Überschriften, welche mit einem Fragezeichen oder „ironischen“ Anführungsstrichen versehen waren, wurden ebenso als „falsch“ eingestuft. Folgende Definition eines „falschen“ Posts findet sich in dem dazugehörigen FAQ bei „Motherboard“:
„Kategorie C, ‚falsch‘: Die Geschichte hinter dem Facebook-Post lässt sich gar nicht verifizieren, ist so nicht passiert und/oder vermittelt über den Facebook-Post ein völlig falsches Bild. Die Nachricht basiert auf unbestätigten Behauptungen oder bringt mehrere Tatsachen in unbestätigten Zusammenhang. Stark tendenziöse und einseitige Berichterstattung. Kommentare und Meinungen sind nicht als solche gekennzeichnet.“
Der Medienrechtsanwalt Jan Mönikes findet diese Definition von „falsch“ schwierig. Er erklärte gegenüber Sputnik dazu: „Dass die Facebook-Aufmachung ein falsches Bild vermittelt, das ist ein starkes subjektives Element. Das heißt, dass was hier nach dieser Definition als falsch bezeichnet wird, ist im Prinzip eine Meinungsäußerung von der Redaktion, die das untersucht hat. Nimmt also für sich überhaupt nicht in Anspruch, objektiv zu sein, und dann ist das natürlich zulässig. Wenn man viele Einzelfälle findet, wo man sagt, dass stimmt aber nicht, könnte man mit der gleichen Berechtigung sagen: Diese Untersuchung ist ‚fake‘.“
So soll beispielsweise laut „Motherboard“ die Meldung mit dem Titel „Warum Steinmeier seine Unterschrift unter Ukraine-Deal nicht verteidigt – MdB Hunko“ falsch sein. Und das trotz der Information im Text: „Welche Auswirkung wird diese Geschichte auf die Wahl des Bundespräsidenten haben? Dazu Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linke im Bundestag, im INTERVIEW mit Sputnik.“ Das Zitat wurde eindeutig erkennbar gemacht. Auch der Medienrechtler Mönikes kritisiert die willkürliche Auswahl und Einschätzung von „Motherboard“:
"Wenn nur ein Zitat von einem Politiker gepostet ist, und es fehlen die Anführungsstriche, aber es steht danach in dem weiteren Facebook-Post erkennbar, dass es ein Zitat ist, verstehe ich die Kritik nicht so ganz. Das ist vielleicht reißerisch, aber es ist deswegen nicht ‚fake‘ und, wie ich finde, auch kein zwingend falscher Eindruck."
Es kann auch sein, dass Sputniknews-Beiträge von der „Motherboard“-Redaktion als „falsch“ beurteilt wurden, weil sich die Geschichte von den Rechercheuren einfach gar nicht überprüfen ließ. Auch hier übte Mönikes Kritik: "Nachrichten, die eben nicht ohne weiteres aus anderen Quellen nachrecherchiert werden können, müssen deswegen nicht automatisch unwahr sein. Wenn beispielsweise eine Agenturmeldung einer russischen Agentur, über ein Geschehnis weit weg, zitiert wird und es gibt nur diese eine Meldung, dann fände ich es jetzt illegitim zu sagen, weil ich sie nicht nachrecherchieren kann, ist sie deswegen falsch. Nur weil es nicht weitere Agenturmeldungen oder weitere Nachrichten über etwas gibt, muss das nicht falsch sein."
Es könnte selbst der „Motherboard“-Redaktion um Autorin Theresa Locker aufgefallen sein, dass ihr Unterfangen nicht ganz unproblematisch ist. Als formuliertes Ziel findet sich in ihrem Beitrag: „Wir wollen der aufgeregten Debatte eine Analyse beisteuern, die so wissenschaftlich wie möglich ist.“ Allerdings folgt darauf direkt der Hinweis: „Auch das kann nur ein Versuch sein, sich der Wahrheit so weit wie möglich anzunähern.“
Medienrechtsexperte und —anwalt Mönikes verwies gerade bei diesem Thema auf „sehr starke subjektive Elemente. Es kommt dann auf den Betrachter an, ob er sagt, dass ist eindeutig tendenziös oder es ist uneindeutig reißerisch. Wir reden hier nicht von schwarz oder weiß, wahr oder unwahr. Da hat sich die Redaktion auch ganz offensichtlich drum bemüht, das auch so darzustellen.“
Eine sogenannte Blattlinie oder Tendenz bei einem Medium habe es schon immer gegeben. Daran sieht Medienexperte Mönikes nichts Verwerfliches. Er selbst lese gerne die „TAZ“, gerade wegen ihres bestimmten Blickwinkels. Deshalb sei hier darauf hingewiesen, dass „Motherboard“ ein Ableger des inzwischen New York ansässigen Onlinemagazins „Vice“ ist. Aus dem ursprünglich unabhängigen Medium aus Kanada ist ein „weltweit agierendes Wirtschaftsunternehmen“ geworden, wie die „Süddeutsche Zeitung“ bereits 2013 einschätzte. An dem sind nach vorliegenden Informationen inzwischen neben Investmentgesellschaften der US-Medienmogul Rupert Murdoch mit seinem Fernseh- und Filmkonzern 21st Century Fox und der US-TV-Sender A&E Network beteiligt.
Uns stellt sich aber dann durchaus die Frage: Sind die Bewertungen von „Motherboard“-Autorin Locker ebenso wie der Veröffentlichungstermin (fünf Tage vor der Bundestagswahl 2017) ganz zufällig zusammenpassend oder etwa tendenziös eingefärbt?"
Das Interview mit Rechtsanwalt Jan Mönikes zum Nachhören: https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20170921317526082-motherboard-vorwuerfe-gegen-sputnik/
Quelle: Sputnik (Deutschland)