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Medienforum NRW: "Die radikalste Attacke auf Medien, wie wir sie kennen"

Archivmeldung vom 12.06.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Petra Bork / pixelio.de
Bild: Petra Bork / pixelio.de

Der dritte und letzte Tag des 27. Medienforum NRW stand gestern in Köln ganz im Zeichen der Zukunft des Journalismus und aktueller Entwicklungen im digitalen Newsgeschäft. Unter der Überschrift Next Level Journalism ging es um die Zukunft des Journalismus - sowohl mit Vertretern der Digitalangebote und -unternehmen namhafter Verlagshäuser als auch internationaler innovativer journalistischer Angebote. Mit Keynotes, Talks, Debatten und Showcases.

Auf dem Podium "Next Level Journalism: Journalismus im Wandel - Wer ist im Netz relevant?" diskutierten Verlagsvertreter die Zukunft des digitalen Journalismus.

Zum Auftakt der Veranstaltung präsentierten im Gespräch mit NDR-Journalistin Anna Marohn Sterling Proffer, General Manager, VICE News aus New York und Kevin Sutcliffe, Head of News Programming von VICE Europe in London, das Konzept des digitalen Nachrichtenangebots "VICE News". Die Inhalte des Online-Nachrichtenportals, das Text, Foto, aber vor allem Videocontent umfasst, richte sich in erster Linie an jüngere Nutzer unter 35 Jahren, die von den klassischen Medien nicht angesprochen werden. "VICE News" erzähle Geschichten in einer besonderen und authentischen Weise, so Sterling Proffer. "Dadurch unterscheiden wir uns von anderen Newsangeboten." Das Themenspektrum reiche von sozialen Themen bis hin zur Kriegsberichterstattung, z.B. aus Syrien oder der Ukraine. In Deutschland kooperiere "VICE News" derzeit mit RTL 2. Der deutsche Markt sei sehr bedeutend, so Kevin Sutcliffe. Man wolle das Portal gerne auch hier anbieten und hoffe, Ende des Jahres Konkretes verkünden zu können.

In seiner Keynote zeigte Matthias Müller von Blumencron, Chefredakteur der Digitalen Produkte der F.A.Z, seine Sorge vor den Entwicklungen der großen internationalen Plattformen wie Facebook mit Instant Articles und Apple mit Apple News hin zu Medien. Möglicherweise erlebe man gerade "den Beginn der radikalsten Attacke auf die Medienwelt, wie wir sie kennen", sagte er in Köln. Bisher sei Facebook nur ein Interaktionskanal gewesen, doch nun würden Journalisten aufgefordert, zu einer "verlängerten Werkbank von Facebook zu werden", warnte von Blumencron. Nach einer längeren Debatte in der Redaktion habe man sich bei der FAZ daher dagegen entschieden, mit Facebook zu kooperieren.

In der anschließenden Diskussion warnte Dr. Torsten Rossmann, Geschäftsführer von WeltN24 zum Thema der Digitalinitiative von Google, das 150 Millionen Euro für die Entwicklung von Nachrichtenprodukten zur Verfügung stelle, davor, mit Google zu paktieren. Die Initiative sei ein Versuch, sich in der Debatte um das Leistungsschutzrecht mit den Verlagen gut zu stellen. Die Diskussionsteilnehmer kritisierten außerdem die jüngste Ankündigung von Apple, einen Adblocker für mobile Geräte einzuführen, was das mobile Geschäftsmodell der Verlage in Frage zu stellen drohe. Dagegen wies Juliane Leopold, Chefredakteurin von BuzzFeed, darauf hin, dass die Werbebranche bislang zu wenig in mobile Werbung investiert habe und dass man tragfähige Lösungen finden könne. "Adblocker sind nicht das Ende des Journalismus", so Leopold.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion der Funke Mediengruppe, erläuterte den Umzug der Funke Medien nach Berlin. Es gehe keineswegs darum, Mitarbeiter abzubauen, sondern um eine Bündelung der journalistischen Expertise in einem Haus, das "fußläufig zu den wichtigsten Ministerien" liege. Zum Thema der vom Land NRW initiierten Journalismusstiftung sagte Thomas Kemmerer, Chefredakteur Digitale Zeitungsangebote, Mediengruppe M. DuMont Schauberg, mit einer staatsnahen Stiftung sei kein unabhängiger Journalismus zu finanzieren, doch man könne in den Bereichen Aus- und Weiterbildung sowie Forschung kooperieren. Showcases

Mit sechs Showcases, moderiert von Dr. Christian Stöcker (Spiegel Online) richtete das Medienforum NRW den Blick auf neue Konzepte, Darstellungsformen und Geschäftsmodelle im Journalismus.

Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegel, präsentierte seinen Berlin-Newsletter "Checkpoint", der mittlerweile 85.000 Abonnenten täglich um 6 Uhr morgens auf das Mobiltelefon geschickt wird. Das Angebot ist kostenlos, es generiere aber Einnahmen aus Sponsorengeldern.

Simon Kozlik, beim niederländischen Unternehmen Blendle zuständig für den Aufbau des Deutschland-Geschäfts, stellte das Konzept der "Pay per article"-Plattform vor, die sich hierzulande in der Beta-Phase befinde. In den Niederlanden, wo Blendle von zwei Journalisten gegründet worden ist, seien seit dem Start vor einem Jahr rund 300.000 Nutzer erreicht worden.

Der Journalist und Dokumentarfilm-Produzent Stephan Lamby berichtete über die von seiner Firma ECO Media ins Leben gerufene Internet-Videoplattform dbate.de, die alternative Darstellungsformen zu den klassischen TV-Produktionen bietet, wie etwa Videotagebücher oder lange Versionen von Interviews. "Im TV sind wir von Formaten abhängig, online ist das nicht der Fall", erklärte Lamby.

Juliane Leopold, die Gründungs-Chefredakteurin von BuzzFeed Deutschland, erläuterte das Konzept des stark von sozialen Netzwerken geprägten Medienunternehmens und stellte sich gegen das oftmals verbreitete Image, dass dort nur seichte Themen Platz fänden. "Wenn wir nur Katzenvideos machen würden, wären wir nicht so erfolgreich", betonte sie. Das Themenspektrum von BuzzFeed sei in den vergangenen Jahren unter anderem um Nachrichten und Verbraucher-Informationen erweitert worden.

Dr. Christian Humborg, kaufmännischer Geschäftsführer von Correct!v in Essen, stellte das erste gemeinnützige Recherche-Büro in Deutschland vor. "Wir machen uns Sorgen um die vierte Gewalt, den unabhängigen Journalismus", erläuterte er den Ansatz von Correct!v, das aus Stiftungsgeldern finanziert wird. Über eine Crowfunding-Kampagne wolle das unabhängige Journalistenbüro zudem 5.000 Unterstützer für sich gewinnen.

Zum Abschluss trat Jonas Vig, CEO und Mitgründer von Bambuser aus Stockholm, in Köln auf. Sein Unternehmen hat sich auf das Live-Streaming von Smartphone-Videos im Internet spezialisiert. Diese sollen über die neue Plattform "Iris" zunehmend auch im journalistischen Kontext genutzt werden. "Es gibt in fünf Jahren voraussichtlich mehr als fünf Milliarden potenzielle Reporter dort draußen", sagte Vig mit Blick auf die weltweite Smartphone-Verbreitung. "Wir binden das Publikum auf diese Weise selbst in den Produktionsprozess von Content ein."

Partner und Kooperationen

Neben den Partnerschaften des Medienforum mit der ANGA COM, der Interactive Cologne und der IHK Köln bestehen in diesem Jahr Kooperationen mit der Entertainment Master Class, den International Emmys, dem Deutschen Webvideopreis, dem Film- und Medienverband NRW e.V., dem Frauenkulturbüro NRW e.V., Deutschlandradio, DJV-NRW, dem Kölner Forum Medienrecht, dem Medien Gründerzentrum NRW und dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT).

Quelle: medienforum nrw (ots)

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