Blockbuster "Lincoln" mit heiklem Polit-Fauxpas
Archivmeldung vom 08.02.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.02.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas zurzeit allseits gefeierte Polit-Epos "Lincoln" kann zwar beim Publikum punkten, doch Historiker und Filmprofis beklagen die große Anzahl an historischen Fehlern und regietechnischen Fauxpas. Mittlerweile hat die Filmcommunity insgesamt 30 Fehler aufgedeckt. "Lincoln" verdrängt dadurch den Bond-Streifen "Skyfall" mit 26 Fehlern auf Platz zwei in der Rangliste der 2012 produzierten Hollywood-Blockbuster. Erst kürzlich hat ein historischer Fehler sogar einen Kongress-Abgeordneten aus Connecticut zu Nachforschungen bewogen, mit einem interessanten Ergebnis.
Der Republikaner Joe Courtney hat nicht schlecht gestaunt angesichts dessen, was ihm auf der Leinwand dargeboten wurde. Zwei Vertreter aus Connecticut haben nämlich im Film gegen die Abschaffung der Sklaverei gestimmt. Courtney beauftragte daraufhin das Congressional Research Service mit der Frage. Dieser bestätigte seine Zweifel. Der nordöstliche Bundessstaat sprach sich 1865 - entgegen der Darstellung im Film - gegen die Sklaverei aus, ein Fauxpas, der bei genauerer Recherche leicht zu vermeiden gewesen wäre. Courtney fordert von den Verantwortlichen, in der DVD-Version die Szene zu adaptieren bzw. auf den historischen Fehler hinzuweisen, da er nicht möchte, dass der Bundesstaat auf der falschen Seite im historischen Kampf gegen die Sklaverei positioniert wird.
Doch das ist nicht der einzige Fehler, der dem Regie-Ass Steven Spielberg unterlaufen ist. So sieht der Zuschauer beispielsweise eine Büste des Präsidenten Woodrow Wilson, der in jener Zeit jedoch erst ein Kind war, ein sintflutartiger Schauer wird plötzlich zu einem kleinen Nieselregen oder es ist strahlender Sonnenschein in Washington um 17:00 Uhr an einem Novembertag zu bewundern. Der Streifen, der in den USA zu Zeiten des Bürgerkriegs spielt, ist für zwölf Oscars nominiert und gilt bei der Preisverleihung als einer der großen Favoriten.
Sensibles Vorgehen gefordert
Im Gespräch mit pressetext erklärt Filmexperte Thomas Raab von Widescreen, dass die steigende Zahl an aufgedeckten Fehlern der vergangen Jahre in erster Linie mit dem Interesse der Öffentlichkeit zusammenhängt. "Wenn man gezielt danach sucht, findet man immer etwas. Vor allem erfolgreiche Filme werden von einer großen Community dementsprechend genau unter die Lupe genommen", so Raab. Aufgrund der mitunter schnellen Verfügbarkeit von Filmen im Internet sei es einfacher geworden, Ungereimtheiten zu entdecken. Dafür gebe es sogar eigene Spezialisten. Raab glaubt deshalb nicht, dass prozentuell mehr Fehler in Filmen stecken als in der Vergangenheit.
Angefangen mit der Armbanduhr bei "Ben Hur" habe es regietechnische "Ausrutscher" schon immer gegeben. "Oftmals müssen Produzenten und Regisseure allerdings einen Kompromiss finden und treffen gewisse Entscheidungen aus dramaturgischen Gründen", sagt Raab gegenüber pressetext. Doch bei historisch und politisch sensiblen Themen sollte man bei der Umsetzung besonders sensibel umgehen, fordert der Experte.
Quelle: www.pressetext.com/Sebastian Köberl