Moritz Bleibtreu hadert mit der Generation seines Sohnes
Archivmeldung vom 16.10.2020
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Freigeschaltet durch André OttSchauspieler Moritz Bleibtreu (49) hadert mit der Generation seines elfjährigen Sohnes: "Von dem, was ich so sehe, ist die Generation meines Sohnes die konformste und opportunste, die ich jemals erlebt habe. Ich sehe da keine Rebellen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
"Heute ist alles so weichgespült und uniform, dass ich mich frage, wie so eine Rebellion denn überhaupt aussehen soll", fuhr der 49-Jährige fort. "Das Schlimme ist ja, dass Konformismus heute scheinbar cool ist, das erlebe ich ganz stark auch bei meinem Sohn. Manchmal würde ich ihm am liebsten sagen: Bau mal Scheiße, mach mal was kaputt. - Warum Papa? - Einfach so, weil's geil ist, weil's Spaß macht. Aber die coolen Kinder sind heute diejenigen, die gute Arbeiten schreiben. Das macht mir Sorgen. Bei uns war es noch umgekehrt - die Coolen waren die, die geschwänzt haben."
Ihm selbst widerspreche jede Form von Konformismus, betonte Bleibtreu: "Das heißt, wenn mehr als zwei Leute sich für irgendwas auf die Straße stellen, bleibt Moritz zu Hause. Ganz einfach. Ich laufe bei niemandem mit, hinter keiner Fahne her - egal, ob da eine Friedenstaube oder irgendwas anderes drauf ist. Ich laufe da nicht mit. Ich möchte meine eigenen Fahnen haben, und so sehe ich das mit allem." Unter Bezug auf "Fridays for Future" fügte der Schauspieler hinzu: "Ich habe nichts gegen die, sie sollen machen, was sie wollen - aber bitte ohne mich."
Obwohl er selbst schon als Kind vor der Kamera stand, sieht Bleibtreu auch Kinderdarsteller beim Film kritisch. Deshalb sei es auch richtig gewesen, dass seine Mutter, die Schauspielerin Monica Bleibtreu, ihm nach zwei Filmen weitere Dreharbeiten verboten habe: "Ich hab schon oft mit Kindern gedreht, die am ersten Drehtag noch ganz lieb und süß waren, und am letzten Drehtag hieß es dann: ,Ich will jetzt endlich was zu trinken haben.' Es ist für Kinder schwer zu verpacken, wenn man da mit seinen acht Jahren steht, und um dich herum sind 30 Leute, die alles tun, damit es dir gut geht, dich bei guter Laune halten, und alles, was du machen musst, ist, einen Satz zu sagen."
Obwohl er seine Mutter "über alles" geliebt habe, sei er in manchen Dingen dennoch rebellisch gewesen, berichtete der Schauspieler weiter: "Meine Opposition bestand damals darin, Lacoste-Shirts zu tragen, weil ich wusste, dass ich meine Mutter damit rasend mache, denn diesen Marken-Fetischismus hat sie natürlich total abgelehnt. Ich werde nie vergessen, dass ich immer Klamotten vom Roten Kreuz bekommen habe - ein Kilo für acht Mark - und musste mit diesen fiesen Kratzepullis rumlaufen. Deshalb hab ich in den Achtzigern die erste Markenfetisch-Welle voll mitgemacht."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)