Schauspielerin wehrt sich gegen Diskriminierung durch Arbeitsagentur
Archivmeldung vom 11.10.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs geht um Diskriminierung, Wettbewerbsverzerrung und die auffällig enge Zusammenarbeit zwischen staatlichen Schauspielschulen und der ZAV-Künstlervermittlung der Bundesagentur für Arbeit. Zum Nachteil von Absolventen privater Schauspielschulen.
2011 verklagte die Schauspielerin Rebecca Molinari die ZAV, weil diese sich weigerte, sie in ihrer Vermittlungskartei zu führen. Offiziell weil sie den Prüfern nicht geeignet erschien. Das Urteil der Prüfungskommission damals: "ohne jeden Charme", "spricht ganz gut, hat aber wenig Ausstrahlung", "wirkt ältlich". Rebecca Molinari war 33, als sie bei der ZAV vorsprach.
In Wahrheit erfolgte die Ablehnung von Rebecca Molinari wohl eher, weil sie an einer privaten Schule die Schauspielkunst erlernte, vermutet ihr Ausbilder Norbert Ghafouri, selbst Absolvent einer staatlichen Schauspielschule, erfahrener Schauspieler und Gründer der Filmschauspielschule Berlin. Ghafouri ist Vorsitzender des Verbands deutschsprachiger privater Schauspielschulen e.V.
Die Absolventen der 12 staatlichen Schauspielschulen in Deutschland werden ohne jedes Vorsprechen oder sonstige Eignungsprüfungen in die Kartei der ZAV übernommen und erhalten Vermittlungsdienstleistungen. Vielfach schon vor Abschluss ihrer Ausbildung.
Ausgelernte Schüler privater Schauspielschulen hingegen nimmt man augenscheinlich ungern auf. Und wenn, dann nur nach strenger Prüfung.
Eine Listung in der ZAV-Kartei kann von existenzieller Bedeutung sein. Denn viele Bühnen schreiben freie Rollen oft gar nicht aus, sondern wenden sich direkt an die ZAV. Schauspieler, die in deren Kartei nicht aufgenommen sind, haben keine Chance, ein Engagement zu erhalten.
Norbert Ghafouri: „Es ist nicht zu übersehen, wie sich die steuerfinanzierten staatlichen Schulen und die ZAV-Künstlervermittlung gegenseitig die Bälle zuspielen und dabei die privaten Schulen ausbremsen. Mit welchem Recht werden Absolventen von staatlichen Schauspielschulen von der ZAV aufgenommen, in Katalogen beworben und vermittelt, bevor die Vermittler der ZAV diese Absolventen überhaupt gesehen haben und mit welcher Begründung müssen Absolventen von privaten Schauspielschulen bei gleicher Qualität zuerst ein Vorsprechen absolvieren, für das sie sich zudem noch bewerben müssen? Das Signal ist eindeutig: Geht nicht auf die privaten Schulen, wenn ihr von der ZAV ein Engagement vermittelt haben wollt.“
Molinari verklagte die ZAV auf Gleichbehandlung, verlor in erster Instanz und ging in Berufung. Auch in der zweiten Instanz unterlag sie, bekam aber vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bescheinigt, dass das Niveau ihrer Ausbildung dem von einer staatlichen Schauspielschule entspricht. Molinari gab nicht auf und ließ Revision einlegen. Morgen wird der Fall vor dem Bundessozialgericht in Kassel verhandelt.
Ghafouri steht seiner ehemaligen Schülerin bei. Nicht nur, weil es auch um den Ruf seiner Schule geht, sondern um das Standing einer ganzen Branche.
- Staatliche Schulen: Es gibt in Deutschland 14 staatliche Schauspielschulen und weitere 6 in Österreich und der Schweiz.
- Private Schulen: Es gibt in Deutschland ca. 63 Ausbildungsinstitute und Seminaranbieter, weitere 7 in Österreich und der Schweiz. Davon bieten ca. 30 eine echte mehrjährige Schauspielausbildung an. Von diesen Schulen haben sich 12 im Verband der privaten Schauspielschulen (VdpS) zusammengeschlossen.
Quelle: Verband deutschsprachiger privater Schauspielschulen e. V.,