Cicero-Urteil: Sieg für die Pressefreiheit
Archivmeldung vom 27.02.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Deutsche Journalisten-Verband wertet das heutige Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Sieg für die Pressefreiheit. "Die Karlsruher Richter haben dieses wichtige Grundrecht der Demokratie gestärkt", erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Der Richterspruch sei eine klare Absage, den Informantenschutz zu durchlöchern oder das Redaktionsgeheimnis zu brechen.
Mit seinem heutigen Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts den juristischen Schlussstrich unter die so genannte Cicero-Affäre gezogen. Das Urteil bezeichnet die Durchsuchung der Redaktionsräume von Cicero und die Beschlagnahme der dort aufgefundenen Beweismittel als einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die Pressefreiheit. Die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses in der Presse durch einen Journalisten reicht nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht aus, "um einen zu einer Durchsuchung und Beschlagnahme ermächtigenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen. Erforderlich sind vielmehr spezifische tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer von einem Geheimnisträger bezweckten Veröffentlichung des Geheimnisses und damit einer beihilfefähigen Haupttat", wie es in dem Urteil wörtlich heißt.
"Nach dem heutigen Urteil können Ermittlungsbehörden nicht mehr Journalisten unter dem Vorwand der Beihilfe zum Geheimnisverrat überwachen und bespitzeln, um deren Quellen aufzudecken", sagte der DJV-Vorsitzende. "Das ist ein klares Votum für den Informantenschutz", sagte der DJV-Vorsitzende. Konken erwartete, dass die laufenden Ermittlungsverfahren gegen Journalisten des Stern und der Financial Times Deutschland sofort eingestellt würden. "Dafür fehlt den Ermittlern seit heute jede Rechtsgrundlage."
Da die Urteilsgründe weit über den Einzelfall hinaus den verfassungsrechtlichen Schutz der journalistischen Arbeit betonen, ist jetzt der Gesetzgeber gefragt, die notwendigen Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen. Entsprechende Gesetzentwürfe der Oppositionsparteien liegen dem Bundestag zur Beschlussfassung vor. "Es darf zukünftig nicht mehr Ermittlungsbehörden überlassen bleiben, freihändig über die Beschuldigung des Geheimnisverrats gegenüber Journalistinnen und Journalisten zu entscheiden. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, der Pressefreiheit durch geeignete Gesetze Geltung zu verschaffen", sagte Konken. "Journalistinnen und Journalisten in Deutschland können erst dann wieder ungehindert und angstfrei ihrem Beruf nachgehen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Journalisten das Rückgrat gestärkt."
Der Deutsche Journalisten-Verband hatte die Verfassungsbeschwerde unterstützt. Seine Hauptforderung lautete: Journalisten dürfen nicht der Beihilfe zum Geheimnisverrat beschuldigt werden, nur weil sie als geheim eingestuftes Material von Informanten veröffentlichten. Konken: "Mit dem Cicero-Urteil hat das Verfassungsgericht unsere Auffassung voll und ganz bestätigt."
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Journalisten Verband (DJV)